Fast wie ein Zauberberg #02

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Bogenschiessen nur bei Querschnittslähmung. Aber ich bin ja hier wegen Frau S. der Psychologin. Und Frau K., der Ergotherapeutin, die nach kaltem Rauch riecht. Es ist heiss, ungefähr 30 Grad. Auf der Speisekarte stehen Schweinshaxe mit Sauerkraut. Eisbein mit Erbspüree und Gänsebraten. Essen gibt es schon um fünf, damit man beim Küchenpersonal nur eine Schicht braucht. Auf alberne Details wie schwüles Sommerwetter kann man bei der langfristig geplanten Nahrungslieferung aus NRW keinerlei Rücksicht nehmen. Sollen die halt nix essen, wenn es ihnen nicht gefällt. Mein Freund, der Tumor, reist zurück nach hause, wird abgeholt von seinem beiden kleinen Söhnen, Piepels nennt er die (wieder ein weisst du noch?), wir herzen uns und lachen und ich höre ihn scherzen, bis sich die die Glastür schleifend schliesst. Er winkt noch mal zum allerletzten Abschied, mit rechts, na klar.

An meinem Tisch sitzt jetzt Schlaganfall Eberhardt. Immer bin ich besorgt, ob der alte Herr genügend trinkt. Das tut er nicht, natürlich nicht, denn der Wasserspender steht in der Mitte des grossen Saals, es gibt keine Kannen, man kann immer nur ein Gläschen holen, der Weg ist weit, und das mit dem Laufen klappt noch nicht so gut. Das mit dem Sprechen auch nicht, aber mit der Zeit verstehe ich ihn besser. Er war ein Tischler, dann arbeitslos, kommt hier aus dem Ort und ich kann ihn gut leiden. Bis zum Kormoranabend. Jaja, die Kormorane, sage ich, das kenne ich von zuhause, die sind ja unersättlich. Wie die Ausländer nuschelt der Eberhardt, sollte man alle abschiessen. Ich denke kurz, ich habe mich verhört. Habe ich nicht. Was soll ich hier streiten, mit einem störrischen alten Mann. Der kommt aus einem Städtchen mit EINEM Dönerladen. Sonst weit und breit nix Fremdes.

Auch meine anderen Bekanntschaften erinnern mich daran, wie gerne ich alleine bin. Da gibt es die zwei feschen Bikinimädchen, die vor lauter Baucheinziehen nicht grüßen können. Den Systemadministator der seine MS-Spritze immer nur freitags bekommt, damit die auf Arbeit bloss nichts mitbekommen. Die herzensgute S., Herzinfarkt und Schlaganfall, knapp 40, böses Erbe, deren Sohn bei der Marine ist, so eine flotte Uniform, der Junge.

Ich geh nur ein einziges Mal zur grossen Badestelle, da muss schnell was anderes her. Es gibt hier mengenweise Bootsgaragen, jeden winzigen Weg vom Ufer probiere ich, meist kommt ein Zaun. Ein Tor. Ein Schloss. Nach langem Suchen finde ich eine, schön grün mit kleinem Steg, hinter dem Wald, im Schilf. Irgendetwas aufgeregtes Schwalbenhaftes saust um meinen Kopf, während ich mich dort versteckt (immer in Alarmbereitschaft) durch meinen Krimi fräse. Bei unverstelltem Seeblick. Einmal werde ich doch erwischt. Na klar darf ich hier bleiben sagt der Besitzer, und dann saust der, mit Riesenkrach davon. In seinem Motorboot. Die Schwalben brauchen Stunden, um sich davon zu erholen, ich auch.

Die anderen Folgen gibt es hier.

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