Archiv für den Monat: Dezember 2013

Frauen und Arbeitsplätze

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Lustig. Ne, nicht lustig. Da regt man sich schrecklich auf, über die Vertreibung der Alteingesessenen im Kiez, über die Spekulanten, die alles wegkaufen. Ist ja richtig. Aber das ist eben nicht nur in unseren Großstädten so. Schon mal was von Bodenspekulanten gehört? Ja, genau, das sind die, denen unsere wunderbare Regierung Tür und Tor geöffnet hat, so dass für Ackerland in manchen Gegenden inzwischen Preise erzielt werden, die nur noch von sogenannten Investoren bezahlt werden können. Die Bauern, und das ist es wieder: kleine Höfe sind heute oft BIOLOGISCH bewirtschaftet, sind ausgebotet. Kleinbäuerliche Betriebe können da schon längst nicht mehr mithalten. Dem Spiegel zu Folge sind die Bodenpreise beispielsweise in Sachsen-Anhalt in vier Jahren um 85 Prozent gestiegen. In Brandenburg und bei den polnischen Nachbarn sieht es ähnlich aus.

Die Käufer sind meist Großbetriebe, die von der Bundesregierung mit großzügigen Subventionen unterstützt werden und mit Agrarkonzernen wie M*nsanto untrennbar verknüpft sind (über M*nsanto schreib ich dann auch mal, da gibt es tolle Geschichten). Sie benötigen weite Flächen zur Entsorgung von Gülle und Hühnerkot aus ihrer Massentierhaltung. Oder branchenfremde industrielle Kapitalanleger, die in Zeiten niedriger Zinsen in Grund und Boden investieren und denen dann was verpachten.

Aber das geht uns ja alle nix an. Ist ja weit weg. Und: Super, alles so schön billig bei unserem Discounter. Und die Currywurst! Und der Broiler! Nur einsfuffzich, toll! Die Bösen, das sind die BIOs, geh mir weg, mit diesem sebstgestrickten Scheiss. Das sind doch die, die uns die Wohnungen wegnehmen, die Frauen und die Arbeitsplätze. Genau. Das sind die. Mülltrenner. Und leider, es ist noch komplizierter: Das beim Li*l gekaufte BIO nützt den Kleinbäuerliche Betrieben nichts. Das geht wieder an die falsche Stelle. Strenggenommen ist das nämlich gar kein Bio. Aber gut für das Gewissen. Und die Gesundheit natürlich.

Dann ist da noch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Die Agro-Energie. Pflanzlicher Sprit (wir erinnern uns auch an die netten Nebeneffekte des ausufernden Maisanbaus: Endlich viele Wildschweine), auch so eine dufte Idee, die nach ihrem offensichtlichen Scheitern nicht zurückgenommen wird:

„… Von den Folgen betroffen sind in erster Linie die klein- und mittelständischen Landwirte, die durch die exorbitant steigenden Kauf- und Pachtpreise zusehends unter Druck geraten. Die Wertschöpfung der landwirtschaftlichen Tätigkeit bleibt nicht mehr in der Region, sondern fließt zu den Investoren ab. Angebaut wird, was am meisten Profit verspricht. Dabei gehe es den neuen Eigentümern in erster Linie nicht einmal darum, die Biogasförderung einzustreifen. Bodenkauf gilt als steuerschonende Investition, weil die für den Bodenerwerb aufgenommenen Schulden mit Gewinnen aus der Hauptgesellschaft gegengerechnet werden können.“ sagt Roman Herre von FIAN Deutschland in den deutschen Wirtschaftsnachrichten.

Na, dann wohl bekomm’s. Und so billig! Frohes Neues!

Außerdem

(und trotz allem) wünsche ich Ihnen allen ein wunderbares 2014.
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Der bestimmt auch. Ich hoffe, er pennt jetzt. Bis April. Das ist natürlich nicht sein Luxusapartment, da ist er nur während der Sanierung.

Alle Jahre wieder

Fängt so langsam an, hab ich gesehen. Ich Streberin bin schon fertig, obwohl das Jahr ja noch läuft. Hoffen wir, es gibt dennoch keine unangenehmen Überraschungen. Ich hab’s vom Wortschnittchen.

Zugenommen oder abgenommen?
Mal so mal so. Immer noch.

Haare länger oder kürzer?
Viel länger. Ich halte noch durch. Bald geht Lady Godiva.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Noch kurzsichtiger. Das hört wohl nie auf. Ojehojeh. Und weitsichtig. Ts.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Noch weniger. Habe kaum mehr Freude am Kaufen.
Erstaunlich, wieviel Geld ich auf einmal hab.
Wieviel ich früher so rausgehauen hab.

Der hirnrissigste Plan?
Die Biennale noch reinzuquetschen. Schnell verworfen. Schade.

Die gefährlichste Unternehmung?
Nicht meine. Aber irgendwie auch. Der Greisin HerzOP.

Der beste Sex?
Sehr witzig.

Die teuerste Anschaffung?
Ein Kaminholzwagen. Nicht zu fassen.

Das leckerste Essen?
Wie immer oft gut gegessen. Wenn nicht gut, dann lieber nicht. Essen.
Und LECKER schon mal gleich sowieso nicht.

Das beeindruckenste Buch?
Tatsächlich Meike Winnemuths Das große Los. Hab mich oft wiedergefunden.
Ich Alleinreisende. Aber beindruckend ist wohl nicht das richtige Wort.

Der ergreifendste Film?
Pf. Kein Film. Doch: Quadrophenia.

Die beste CD?
Keine CD. Gar keine Musik.

Das schönste Konzert?
Und kein Konzert.

So jetzt misch‘ ich mich mal ein hier:
Die schönste Ausstellung?
Ja. Die Documenta. Ich Depp. Das ist ja schon Jahre her.

Die meiste Zeit verbracht mit …?
Pepone Zeppelin Trotzki. Tja. Und mit Bangen.

Die schönste Zeit verbracht mit …?
Der Greisin. Auf Reisen mit meinen wunderbaren Freunden.
Meiner Familie und den Nachbarn.

Vorherrschendes Gefühl 2013?
Bangen. Hoffen. Freuen.

2013 zum ersten Mal getan?
Die Greisin im Rollstuhl geschoben. Nach Lissabon gereist. Einen Stein behauen. Eine Schlagbohrmaschine gekauft.

2013 nach langer Zeit wieder getan?
Gebetet. Gemalt. Nach Frankreich gereist.

Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Krankenhausbesuche. Absurde Arztanweisungen. Arbeit.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Du schaffst das! Nur noch zehn Meter!

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
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Die Greisin hat einen Schaukestuhl bekommen.
Sie behauptet, man müsse sie demnächst chirurgisch davon ablösen.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Dass sie es geschafft hat.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Es hat alles gut geklappt. (Oh, Dr. K.♥!)

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Ts. Pf.

Mehr Kohle oder weniger?
Mehr. Egal. Völlig.

Das enttäuschendste Buch?
Der neue Lynley. Mindestens 500 Seiten zu lang.

Mein schönstes Buch (das gab es nämlich):
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Reading Ed Ruscha

Mehr Sport oder weniger?
Sport?

Der beste einzige Theaterbesuch?
Der fröhliche Weinberg. Kulturell war das Jahr jetzt nicht so ergiebig.

2013 war mit einem Wort …?
Aufreibend.

Vorsätze für 20134?
Mehr Sex. Mehr Berlin.

2012

Moderne Zeiten

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Hellersdorfer Nachbarschaft

In der benachbarten Kleinstadt gibt es ein Asylbewerberheim. Keine Feindseligkeit, Vollbeschäftigung und flächendeckendem Wohlstand sei Dank. Ganz im Gegenteil, es gibt einen regen Helferkreis, der nicht müde wird, die unerfreulichen Zusstände dort öffentlich anzuprangern. Steht dann in der Zeitung, von drückender Enge, verschlammten Vorplätzen und fehlenden Aufenthaltsmöglichkeiten. Schon von außen sieht es mehr als trist aus.

Mich bewegt das Schicksal der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen. Entflohen einem Bürger- oder sonstigen Krieg, Verfolgung und Folter entronnen, haben sie es endlich hierher geschafft, vermutlich ohne jedes verbliebene Hab und Gut. Traumatisiert vom Erlebten, alles Vertraute, Heimat und Sprache zurücklassend um hier vielerorts unverholen zum Teufel gewünscht, mit Sachen beschmissen und weggesperrt zu werden. Damit ihnen draußen nix zustößt. Im besseren Fall leben sie zu vielen auf wenigen Quadratmetern, dürfen erst mal gar nicht und dann nur vielleicht arbeiten. Nachrangiger Zugang zum Arbeitsmarkt.

Ich habe in Berlin im Laufe der Jahre bei einer Straßenbibliothek in Lichtenberg mitgemacht, zwei Fotoprojekte für Kinder und Jugendliche in Hohenschönhausen und Marzahn organisiert und eines in der vielgerühmten Arche in Hellersdorf. Sagen wir so, ich kenne die Ecke ganz gut und ich habe manchen Erwachsenen dort nicht unbedingt lieben gelernt. Die Kinder schon (auch nicht alle). Natürlich leben dort nicht nur Nazis. Im Gegenteil, ich erinnere mich ungern an meine gebetsmühlenhaften Wiederholungen über die dortigen (akzeptablen) Lebensbedingungen gegenüber meinen zugezogenen Berliner Freunden, die ihre westdeutschen Ärsche selten aus ihren verkuschelten Innenstadtbezirken rausbewegt haben, außer vielleicht um an den Liebnitzsee zu reisen. Oder nach Chorin.

Diese Sache in Hellersdorf hat mich ob ihrer Vielschichtigkeit sehr beschäftigt (scheint als gebe es inzwischen irgendeine Art von Nebeneinander). Und dann noch die ständigen Artikel in unserem lokalen Käsblatt. Lassen mir keine Ruhe.

Ich habe versucht, zu diesem Helferkreis Kontakt aufzunehmen. Ich habe mehrere Stunden das Internet durchforstet, ohne Erfolg. Dann habe ich die Namen aus den Zeitungsartikeln gegugelt, einen davon ziemlich zweifelsfrei identfiziert und ihm eine Mail geschrieben. Eine nette Antwort bekommen. Noch eine Mail und noch eine Mail geschrieben. Und nix mehr gehört. Boah. Und nu?

Die brauchen hier niemand? Die brauchen hier niemand.

Geheimdiplomatie

Na klar war jeder einzelne Rubel des ehemals(?) sagenhaften Vermögens von Herrn Chodorkowski mit redlicher Arbeit verdient. Da kann man schon mal tief in die Diplomatiekiste greifen. Der soll es doch wieder gut haben.

Nicht so wie bei Herrn Snowden, der elternlose amerikanische Kinder gezwungen hat, dass weltweite Internet zu transkribieren. Oder so.

Aber vielleicht versteh ich auch nur wieder was falsch. Und sowieso hat die Greisin recht, die findet der arme Edward sei bei den Russen sicherer als bei uns. Da trauen die Amis sich nicht ran. Hier würde er vermutlich auf einer Bananenschale ausrutschen oder in einen in einen versehentlich nicht ordnungsmemäß verschlossenen Gullischacht fallen.