Gestern war hier Treibjagd. Anders als Frau Friederike kann ich mich dafür ganz und gar nicht begeistern. Ich habe nichts gegen die Jagd also solche, obwohl ich hier eine vier Meter lange Liste meiner Zusammenstöße mit Jägern schreiben könnte, angefangen von cholerisch schreienden Typen, die uns Reitern mit ihren Knarren aus einem großen lauten Auto nachballerten, weil wir angeblich die Wege verlassen und damit das Wild aufgescheucht hatten, unser Glück, daß wir nicht auf hystherischen Pferden saßen, über den tierschützenden Jäger, von dem unlängst in der Zeitung stand, dass er einen in seinem Revier freilaufenden Hund (der einer älteren Frau ausgerissen war) solange angebunden hinter seinem Auto herschleifte, bis sich ein Passant ihm in den Weg warf und ihn so zum anhalten zwang. Bis noch einmal hin zum jahrelang ausgebildeten preisgekrönten Jagdhund unserer Nachbarn, der auf unserem Grund und Boden zwei unserer Katzen zu Tode schüttelte, sie nicht losließ oder sonst auf Befehle reagierte. Bei Bedarf gerne noch ein paar hübsche Anekdoten.
Ich halte, und ich weiß natürlich wie zynisch das ist, die Jagd für eine sehr vertretbare Art, an Fleisch zu kommen: Man setzt das Tier keinem Stress aus. Es steht nichts ahnend irgendwo herum, im besten Fall macht es einmal Peng und es ist tot. Kein angstvoller Transport, kein Schlachthof, keine groben Hände. Davon abgesehen hat es vermutlich ein gutes Leben in Freiheit geführt und sich von feinen Sachen ernährt.
Dennoch steht mir dieses ganze tierschützerische Blabla der Jäger sonst wo. Ich kenne einen einzigen, meinen Försterfreund, bei dem ich nicht glaube, daß für ihn das Schießen mit großen Gewehren im Vordergrund steht. Und das Regulieren des Bestandes ist vorallem deshalb nötig, weil der Jäger (im Interesse der restlichen Menschheit), natürliche Feinde des Wildes ausgerottet hat und inzwischen sehr genau darauf achtet, daß die Bestände in seinem Revier nicht zu sehr zurückgehen. Sonst hat er ja nix mehr zum Schießen. Ja, ich finde sie unerträglich. Die Jäger, die ich kenne.
Meist geht es um die schwer zu jagenden Wildschweine bei der Treibjagd. Wildschweine lieben Mais. Genau wie Biogasanlagen. Es gibt fast nur noch Mais hier. Dank der Agrar- und Energiewendepolitik unserer Regierung lohnt sich der Maisanbau für die Bauern am meisten. Ein Fest für die Sauen. Es werden immer mehr, sie machen viel Schaden und kommen nah an die menschlichen Siedlungen. Früher gab es diese Probleme hier nicht. Vor dem Mais.
Wikipedia sagt: Eine oftmals angewendete Art der Treibjagd ist das Kesseltreiben (es wird nur Schrot verschossen). Hierbei wird von abwechselnd postierten Schützen und Treibern ein Kessel von mindestens einem Kilometer Durchmesser gebildet, Schützen und Treiber marschieren gemeinsam auf den Mittelpunkt zu. Den Schützen ist anfänglich erlaubt in das Treiben hinein zu schießen, ab einer Gefährdungsdistanz von weniger als 400 Metern Kesseldurchmesser wird auf Signal hin nur noch nach außen geschossen.
Aber auch ohne Kessel werden die Tiere in Todesangst versetzt und, wie ich aus sicherer Quelle weiß, oft nicht richtig getroffen, also nur angeschossen, weil in diesem Getümmel keine Präzision möglich ist (von den getroffenen Treibern und Jägern ganz zu schweigen, wobei sich mein Mitleid hier sehr in Grenzen hält).
Häufig zerrreißen Hunde die erschöpften in die Enge getriebenen Tiere bei lebendigem Leibe, oder zumindest ein paar Stücke raus. Viele dieser Hunde fristen das ganze restliche Jahr ihr Leben in Zwingern und sind bei diesem Event dann völlig von Sinnen. Ein Blutrausch.
Und angeblich lagern sich durch die Hatz gesundheitsschädigende Angsthormone im Wildfleisch ab, die zusammen mit den Resten der bleihaltigen Munition auch für den Essenden noch so richtig was bieten.
Tolle Sache.
Neben Schauspielern, Ärzten und Journalisten, die vierte gesellschaftliche Gruppe mit strukturellem Alkoholproblem.
unter Jägern, aber auch etliche, die ich als „vernünftig“ bezeichnen täte. Und das Problem ist doch (abseits von vielen anderen Apekten dieses Themas): wenn ich Fleisch essen möchte, das unter vertretbaren Umständen „produziert“ wurde – wo bekomme ich das her? Ich lasse mich da gerne auf Diskussionen mit Leuten ein, die mir auch Bio-Viehhalter ans Herz legen möchten (da geh ich sowieso hin), aber ich fürchte, ich diskutiere nicht mehr mit Leuten über Pro und Contra der Jagd (als Lebensmittelbeschaffung), die ihr Schnitzel beim anonym-Metzger oder im Supermarkt kaufen. (Das mal gleich vorauseilend gesagt, ähem)
Ansonsten weiß ich natürlich, daß Sie vollumfänglich (auch) recht haben.
Echt? Beneidenswert (vernünftige Jäger).
Ja. Das sehe ich auch so. Ich poche ja unermüdlich auf den Tier- und Umweltschutzaspekt bei BIO. Deshalb regt mich BIO als Lifestylemodeerscheinung auch so auf (gerät auf’s neue in Rage). Am liebsten dann noch Biogelaber, aber das Fleisch vom Discounter (weil zu teuer) und dann über die armen Bambis heulen. Da bin ich ganz bei Ihnen.
Mir geht es da oben tatsächlich nur um die Form der Treibjagd. Das sollte verboten werden. Und der Jagdschein verbunden sein mit einer Wesensprüfung. Beim Menschen, nicht nur beim Hund.
Diesem Tierquäler wird hoffentlich nicht nur die Jagdlizenz entzogen, sondern auch jegliche Tiere, sofern er welche hat. Was für ein sadistischer Dreckskerl. Und ich hoffe, er kommt nicht nur mit einer geringen Geldstrafe davon.
Viele Förster sind mit etlichen Jagdpächtern nicht gerade glücklich, weil die gern weniger Rotwild schießen als für den Wald gut wäre. Zum Glück kann man auch bei den Forstämtern Wild kaufen, wenn es einen nach solchem Fleisch gelüstet.
Heute steht in der Zeitung, er habe neben der Lizenz auch freiwillig alle Waffen abgegeben.
Es gibt tatsächlich Jäger, die zu wenig schießen? Aber da ja die Wölfe unaufhaltsam vorrücken, wird sich dieses Problem über kurz oder lang auch erledigt haben.
Das glaub ich gern.
Wer weiß, ob dem nicht jemand etwas gehustet hat oder er nur dem drohenden Entzug zuvor kommen wollte.
Ja, um ihren „Bestand“ zu schützen, erfüllen nicht wenige Jäger ihre Quote nicht, deshalb gibt es viel Verbiss an jungen Bäumen. Ein Förster hat mir mal erklärt, dass die schönen Buchenwälder aus einer Zeit stammen, als das Jagdprivileg des Adels abgeschafft wurde und für etwa 20, 30 Jahre* jeder jagen durfte. Mit dem Ergebnis, dass alles abgeschossen wurde, was sich rührte.** Das war nun auch nicht gut, also wurde das wieder rückgängig gemacht und andere Regeln eingeführt.*** Die Buchen waren jedoch inzwischen hoch genug gewachsen, die konnte kein Reh oder Hirsch mehr verbeißen.
Von den Wölfen ist doch auch schon mindestens einer von einem Jäger erschossen worden, weil er angeblich für einen streunenden, wildernden Hund gehalten wurde. Wenn ich mich recht erinnere, gab es außer dem Fall im Westerwald auch noch ein oder zwei erschossene Wölfe in der Lausitz.
Nachtrag: Es sind schon mehr Wölfe abgeschossen worden, zuletzt am vergangenen Freitag in der Nähe von Bautzen. Laut Nabu wurden bislang neun illegale Tötungen bekannt.
* Nageln Sie mich bitte nicht darauf fest, die genaue Zahl weiß ich nicht mehr.
** vgl. hierzu auch diesen Spiegel-Artikel aus dem Jahr 1965 über die Jagd in Frankreich.
*** Ich glaube, man musste dann eine gewisse Größe an Land besitzen, um jagen zu dürfen.
Ja. Das passiert immer wieder. Sogar der Tatort gestern hat sich um das Wolfsproblem gekümmert. Die Angst vor dem Wolf sitzt tief, wie es scheint und natürlich kommt es vor, daß ohne entsprechende Schutzmaßnahmen Schafe gerissen werden. Für mein Gefühl steht aber die aggressive Abwehr der Menschen in keinem Verhältnis zum Schaden. Ich hoffe, das Zusammenleben kann zukünftig irgendwie organisiert werden. Und: Der nächste Bruno kommt bestimmt.
Dieser Spiegelartikel zeigt ziemlich genau die heutigen italienischen Verhältnisse. Dagegen ist das hier alles Kindergarten. Keine Ausnahme, daß eine Horde besoffener Italiener mit wahnsinnigen Hunden über deine Terrasse trampelt, weil sie ein angeschossenes Wildschwein verfolgt. Kann man nur froh sein, wenn man nicht in die Schusslinie gerät. Auf dem heimischen Canapé.
Danke für den Text!
Stimme Ihnen von A-Z zu.
Den Sadismus von Jägern habe ich selbst erlebt. Der Mann ist kein Einzelfall.
Yep…. Merci auch von mir kann grad nicht viel internierten da das Netz auf der Insel miserabel ist)
nochmal Wasser auf Ihre Mühlen. War heute mit Hund und Hündchen im Wald unterwegs. Steht mitten im Gelände ein Auto. Ist das der Jäger, dessen Hund jüngst die 35 Hühner vom Bauern gegenüber gemeuchelt hat?, frage ich die Freunde. Ja, genau der. Aha. Im selben Augenblick schießt ein großer Jagdhund aus dem Unterholz auf uns zu, Jäger-Herrchen kommt hinterher, brüllt sich Kehle aus dem Leib, Hund hört: NULL. Das sind die, die unsereinen sonst im Wald machomäßig anmachen, von wegen „Sie wissen aber schon, daß der Hund an die Leine blablaba“. MEINE Hunde hören wenigstens. Jägershunde hören NIE. Never. NERV.
Ja, das glaube ich auch. Es kommt nur nicht viel raus.
Ha. Meine Rede.
Heute stand in unserem Provinzblatt noch was über die große Drückjagd, die in der Gegend stattgefunden hat. … noch nie einen so großen Schaden durch das Schwarzwild gehabt wie seit dem vergangenen Winter … sagt der Vertreter des Bauernverbands. Ja, komisch.
Das macht mich alles fassungslos.