Lord Richard Fauntleroy

Zuerst sass er auf dem Rosenbogen, dann verschwand er wieder und man glaubte an eine Erscheinung. Beim Versuch den silbernen Rabauken zu fangen, der sich immer lautstarke Streitereien mit den unseren lieferte und offensichtlich zunehmend schwere Verletzungen davon trug (das ist eine andere, traurige Geschichte), wurde er versehentlich dingfest gemacht. Heute weiss, ich, dass das in voller Absicht geschah. Er spazierte aus der Katzenfalle und übernahm sofort die Weltherrschaft. Mit solcher Würde und Borniertheit, dass er, trotz des völlig verlumptem Äusseren sofort nur noch als seine Lordschaft angesprochen wurde.

Er liess sich nicht streicheln, nur ein bisschen am Kopf kraulen, wegen Rückenschmerzen,wenn ihm etwas nicht gefiel, biss er sofort und saftig zu, er provozierte und beleidigte die anderen Käter, wo er nur konnte, manchmal lag die Küche voller schwarzer Fellfetzen. Er markierte überall im Haus, am liebsten an Bücherregalen. Bestand dennoch auf ein Katzenklo, kackte meist daneben, und sogar wenn es vor der Tür stand, die Tür offen war, fand er es nicht zumutbar, in der Natur seine Geschäfte zu erledigen. Wenn er dennoch mal dazu gezwungen war, machte er direkt vors Haus in den Garten, so dass die weisse Holzbank nur noch eingeschränkt nutzbar war.

Als er hier in der Einöde vom Himmel fiel, war er schon alt. Schlechte Nieren und was mit der Schilddrüse, was man halt so hat als alte Katz. Tabletten ging nicht wegen Tobsucht. Zweimal hatte ich ihn schon abgeschrieben, einmal, während die Greisin im OP lag. Zweimal erhob er sich wie der Phönix aus der Asche. Morgens war er immer der erste. Er hatte eine sensationelle Stimme, so ein heiseres Scheppern, toll. Er hatte immer Hunger. Er nahm lange Sonnenbäder und war immer in unserer Nähe. Ging nie weit weg. Die letzte Woche ging es ihm sehr schlecht. Die Spritze hat nicht mehr geholfen, die Pfoten wurden immer dicker vom Wasser. Ab und zu ass er ein Hühnerherz, sogar gestern Abend noch. Heute Nacht hat er es geschafft.

Er war eine sehr sperrige Persönlichkeit. Hat unsere Tierliebe wahrhaft auf die Probe gestellt. Wirst mir fehlen, alter Kater.

9 Gedanken zu „Lord Richard Fauntleroy

  1. speedhiking

    War heut morgen mit dem hiesigen Kater bei der wöchentlichen Infusion. Nieren halt, auch ein älterer Herr. Schnurrt hoffentlich noch ein gutes Weilchen. Da darf man dann während der Infusion auch rumknurren.

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