Alte Mauern

Das Castello Aragonese hatte mich gar nicht sonderlich gereizt, ist schliesslich die Obersehenswürdigkeit von Ischia. Und eigentlich lebe ich ja nach der Devise, was alle gut finden, kann unmöglich gut sein. So kann man sich täuschen.
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Es fing schon mal mit vielversprechender Gastronomie an. Die Lampen! Leider kam man nicht dran. Ich hätte einen guten Platz gehabt.

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Dann flugs hinauf und oben das: Die Clarissen hatten sich beim Bau ihrer unbefleckten Marienprunkklosterkirche seinerzeit so verhoben, dass sie nicht nur ihr Silberbesteck verscherbeln mussten, sondern statt der üblichen überbordenden Bemalung alles weiss streichen liessen. Das macht sich sehr gut. Gerade kann man dort einige weisse Objekte von Christina von Bitter betrachten. Im ehemaligen Clarissenkloster ist heute ein Hotel, welches, wie ich finde, ebenfalls sehr gut aussieht.

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Was sich gleich zu Anfang andeutet und immer weiter durchzieht: Alles hier ist mit einer solchen lässigen Eleganz und Geschmackssicherheit (was für ein Wort, mein Geschmack jedenfalls) in Stand gehalten und ausgestattet, dass es ein reines Wunder war, dass ich nicht dauernd begeisterte Kiekser ausgestossen habe (habe ich?). Nix ist totrestauriert. Keine Deko, ausser ein paar Tongefässen mit einem ortsüblichen Gewächs. Sogar der Souvenirshop ist ein Augenschmaus: Bisschen italienische Gedichte, Schmuck und voll okeies Kunsthandwerk. Ich glaube, man kann da noch nicht einmal Postkarten kaufen. Das Café ist: wundervoll. Die Pastiera, der Ausblick, der Kaffee. Jaja.

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In der Sonnenburg gibt es eine Ahnengalerie.

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Santa Maria delle Grazie. Es gab mal 13 Kirchen auf der kleinen Insel. Angeblich haben hier Ende des 16. Jahrhunderts fast 2000 Familien gewohnt. Die Bevölkerung fand im Laufe der Jahrhunderte Schutz vor Vulkan, Piraten, Engländern und Franzosen.

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Rechts ist der Kerker, um die Ecke der Weinberg.

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Und wie man hier sieht, wird immer noch Landwirtschaft betrieben. So einen Pflug hätte ich auch gerne.

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Die Himmelfahrtskathedrale und deren Krypta. Giottoschule, sieht man doch. Bevor die Burg 1911 nach Staatlichkeit von 1856-1911 wieder in Privatbesitz überging, wurde hier ausgeräumt und mitgenommen was nicht niet- und nagelfest war. Seit Anfang des letzten Jahrhunderts gehört sie der selben Familie, die sich wirklich grossartig kümmert.

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Ein Foltermuseum gibt es auch noch. In Rücksicht auf zarte Gemüter, besonders auf meins, hab ich hier nur eine harmlose Erläuterungstafel fotografiert. Das ist wirklich abscheulich was die Menschheit sich alles so ausdenkt.

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Ischia Ponte ist bezaubernd. Auch im Regen. Eine wunderbar heruntergekommene Lebendigkeit. Yeah.

Ach ja, vor lauter Begeisterung über den Kuchen habe ich den Nonnenfriedhof verpasst. Dabei hätte der mich sehr interessiert. Der Rundgangszettel sagt darüber: „… In den Räumen befinden sich zahlreiche Steinsessel, auf welche die Leichen gesetzt wurden. Das Fleisch zersetzte sich langsam, die Flüssigkeit, die hierdurch frei wurde, wurde in speziellen Vasen gesammelt […] sollte die absolute Überflüssigkeit des Körpers hervorheben …“ Ein Bild davon finden Sie hier.

6 Gedanken zu „Alte Mauern

  1. speedhiking

    Es trägt sicher zum Geschäftserfolg des Hotels bei, dass man sich dort heutzutage hinlegen darf. Die Clarissen durften das dereinst nämlich bereits bei Lebzeiten (!), las ich gerade wo, nicht. Was sich der Mensch alles (und zwar für sich selbst) ausdenkt – und dann sogar macht! Das finde ich ja noch wilder als die Sitzgruft.

    Mit diesen neuen Informationen werde ich mich heute abend sicher extra genüsslich ausstrecken! Auch Ihnen eine angehme Nachruhe zuhause!

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