Archiv der Kategorie: Ménagerie

Voll süß

DSC_00181

Bis auf einen waren alle unsere Hunde aus dem Tierheim. Es waren freundliche lockige dreifarbige Mischlinge, die nach einer unterschiedlich langen Zeit der Depression (olle Vergangenheit) fröhliche kooperative Haus- und Hofhunde wurden, bis sie sich im greisenhaften Alter verabschiedeten. So sollte es für immer sein sein, und nach dem Dahinscheiden von Pepino klapperte ich die Tierheime der Umgebung ab: Kein Hund. Oder jedenfalls kein passender, zu klein, zu hektisch, zu katzenfeindlich. (Für drei Tage hatten wir Balou, ein Sennenhund-Staffordmischling, der in seiner kurzen Anwesenheit viermal reinkackte, diverse wichtige Dinge zerstörte und den Miezen mehrere Herzkasper bescherte, dann hab ich ihn schweren Herzens zurückgebracht, wir haben schon zwei Katzen an einen wahnsinnigen Jagdhund verloren).

Eines Tages saß ich im Café meines Vertrauens und las friedlich die Zeitung, mit mir am Tisch ein Ehepaar, das Kuchen mampfte. Als sie aufstanden um zu gehen, erhob sich gleichfalls ein sittsamer dreifarbiger Hund, der dem vergangenen Mischling zu Verwechseln ähnlich sah: Oh, sag ich. Schöner Hund, Haben Sie vielleicht einen übrig? Kann ruhig nur drei Beine haben. Ne, aber ihre Freunde, da gäbe es bald junge Hunde, mit denen sei er irgendwie verwandt. Ich schrieb meine Nummer auf den Kassenbon und sie versprachen, sich zu melden. Wochen gingen ins Land. Kein Mucks. Blöd.

Irgendwann riefen sie doch noch an und gaben mir eine Telefonnummer. Ich schleppte die Greisin hin, die eigentlich keinen Hund mehr wollte, schon gar keinen jungen (Ach, so viel Arbeit). Mutter Bodercollie Deutscher Hirtenhund, Vater Australien Sheperd. Keine Ahnung. Voll süß jedenfalls. Besonders der da. Der ist schon vergeben. Egal. Kommen Sie in vier Wochen, dann können Sie sich von den anderen einen aussuchen. Sind halt alles Rüden.

Nach vier Wochen: Sie können doch den haben. Ha. Der Rest so: ZWEI Jahre Hundeschule und eine Lehrerin, die aus dem Kopfschütteln nicht rauskam. Schon als Pimpf das größte Maul, alle machen was er will. Absolut furchtlos. Gewitter? Lustig. Schiessen? Super. Und selbst ein Jäger. Am liebsten Krähen und am liebsten fünf Kilometer im Galopp. Und ich? Völlig überfordert. Dachte, ich hab Ahnung von Hundeerziehung. Haha. Fußgehen nur nach schlimmsten Drohungen. Stehlen wie ein Ratz. Alles besser wissen. Ja, wir haben ein Autoritätsproblem. Beide.

Neulich trafen wir zwei Feldhasen. Direkt auf dem Stoppelfeld neben dem Hundeparcours der Jäger. Die haben da so Slalomstangen. Toll, dachte ich mir, macht der bisschen Slalom, dann denkt er nicht mehr an die Hasen und konzentriert sich, das sei ja gut und erschöpfend. Ich erklär das. Er, nach zehn Sekunden: Schon kapiert und macht mit einem Gesichtsausdruck den Slalom, der sagt: Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich wegen solchem lächerlichen Scheiß die hübschen Häschen vergesse. Also Slalom mit Hasenblick. So liederlich hingerotzt eben.

Gestern hatte ich die Idee, ich könne ihm links und rechts beibringen beim Pfotegeben. Gut bei Schlammwetter zum Abtrocknen: Nach zwei Minuten: Jaaa. Und jetz, wenn ich was in der Hand hab, spult der das ganze Zirkusprgramm ab, anstatt zu hören was ich sage: Links, rechts, sitzen, liegen, umfallen, Rolle. Wird schon das richtige dabei sein. Seufz.

Gestern Abend sag ich sentimental: Das wär schon blöd ohne Dich. Als ich aus dem Bad komme, liegt er im Bett. Nackt. Hab ihn fast nicht rausbekommen. Das kommt nicht in Frage.

Lasagne oder Hommage an L.

DSC_00061

Glück gehabt, sag ich zu ihr heute Morgen, aber sie hört schon nicht mehr zu, weil sie sich so intensiv mit ihrem Frühstücksbrötchen beschäftigt. Ich bin ein bisschen sentimental und klopfe ihren Hals, das duldet sie, aber gerade so, denn für Schmusereien hat sie kein Verständnis. Essen. Sonnen. Und dass sich keiner einmischt oder was will von ihr, dann klappt das Zusammenleben.

IMG_1208

Als ich zehn acht war, wurde mir der klassische Kleinmädchenwunsch erfüllt: Ich bekam ein Pony, genau genommen sogar zwei, ganz genau genommen gehörte eines meinem Vater. Sie hießen Strolch und Susi, das war reiner Zufall, denn meines, das braune, hieß schon Strolch und mein Vater, der Witzbold taufte seines nach einer Verflossenen: Susi, weil sie die gleichen schönen Augen hatte. Meine Eltern hatten sicher in ihrem Leben nie einen Trickfilm gesehen. Ich hab erst viel später von dem Hundedings erfahren.

Der Strolch hat direkt in den ersten Tagen geklärt, was er von kleinen Mädchen hält, gar nichts nämlich, und ich ging dann richtig reiten lernen, das half ein bisschen. Trotzdem bin ich gefühlte 1000 mal runtergefallen, hab mir einen Vorderzahn ausgeschlagen aber sonst keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. Dennoch bin ich nicht sicher, ob ich Ponys als Spielzeug für Kinder unbedingt empfehlen würde. Als ich ein Teenager war, waren die dann abgemeldet, wurden murrend versorgt und zottelten so nebenher, vermutlich die schönste ruhigste Zeit ihres Lebens.

Während ich mit 19 allein am anderen Ende der Welt versuchte rauszufinden, wer ich bin, starb der kleine Strolch an Altersschwäche. Die Susi und ich waren ziemlich lange ziemlich unglücklich, immerhin waren wir fast über 10 Jahre beieinander. Und sie war so einsam. So einsam, dass ich eines Tages, ich hab schon in Stuttgart gewohnt, war aber am Wochenende manchmal da, auf eine Anzeige anrief: Viele Pferde zu verkaufen. Oder so. Jedenfalls war es um die Ecke und ich fuhr gleich mal hin.

IMG_1215

Es brach mir das Herz. Mindestens 20 Pferde, in einen dunklen engen Verschlag gesperrt, überall verletzt, mit dicken Beinen, jaaaa, sagte der polnische Pfärdehändler, die kommen aus Rumänien, waren fünf Tage in engem Lastwagen. Zwei gestorben. Anstatt sofort den Tierschutz zu verständigen, fragte ich nach dem schwarzen. Das sei schon weg. Na gut, dann das weiße vielleicht? Kann ich mal probieren? Das weiße wollte nicht galoppieren, denn es hatte bisher nur einen rumänischen Karren gezogen, auch sonst konnte es eigentlich nichts. Ach egal, das nehm‘ ich. Auf Probe. Ich lieh mir einen Sattel und ritt nach hause. Und habe mich in meinem Leben nie sicherer gefühlt auf einem Pferd.

IMG_1212

In den drei Probewochen war sie vorbildlich. Sie lernte, dass man getrocknetes Brot fressen kann und wie man galoppiert. Ich bezahlte den Pferdehändler, bar natürlich und verständigte den Tierschutz. Aber in dem dunklen Loch war kein Restchen von Pferd mehr, auch kein Händler weit und breit. Natürlich würde ich das heute alles anders machen.

IMG_1216

Irgendwann war sie dann aus dem Gröbsten raus und zeigte ihre wahre Persönlichkeit: Andere Pferde? Geh mir weg (arme Susi). Menschen? Naja. Am ehesten Männer. Ich so zur Not. Kein Riegel, den sie nicht aufbekam, keine Reitbeteiligung, die sie nicht in den Dreck warf. Nur die eine nicht (die blieb mir auch fast zehn Jahre). Wir zwei waren reiterlich ein grandioses Team, machten riesige Touren über Stock und Stein. Einmal sind wir im Moor versunken, einmal fiel sie auf meinen Fuss (650 kg), sie war immer die Mutigste und natürlich die Schönste. Jetz isse in Rente. 20 Jahre wohnt sie jetzt hier. Altes Zirkuspferd.

IMG_1210

Unsummen habe ich für Tierärzte bezahlt, zwei schwere Unfälle hatte sie, einen mit dramatischer Kopfverletzungen und Klinik. Seit Jahren eine chronische Bronchitis, Koliken, Hufgeschwüre. Wenn sie keine Lust auf Kommunikation hat, schubst sie böse. Sie hat eine fremde Schulter und meinen Fuß gebrochen.

Ach, meine dicke alte rumänische Kuh.
Ich bin so froh, dass Du in keiner Lasagne bist.

Mörder

Kurzer Nachtrag zur kurzfristig geliehenen Rubrik Mit toten Tieren … (Achtung Miezencontent): Der Plisch hat Gestern den vierten Vogel in zwei Tagen, diesmal einen Kleiber erwischt, als er kamikazemäßig aus dem Stand fast zwei Meter hoch ins Vogelhaus gesprungen ist, die drei Kohlmeisen habe ich verziehen, aber jetz ist Schluss. Noch höher gehängt, das Haus. Wäre doch gelacht. Zur Kenntnis genommen, dass das kein Zufallstreffer war vorgestern.

Plisch ist die übrige Hälfte des berüchtigten Duos Plisch und Plum. Plum wurde im jugendlichen Alter vom (Nichtlieblings)nachbarlichen Jagdhund zu Tode geschüttelt. Genau wie seine Nachfolgerin Quasi. Wir sind immer noch traumatisiert. Aber die wurden verjagt, mitsamt Hund. Die Nachbarn. Ein Glück.

Falls Sie sich jetzt fragen, warum die Miezen so bekloppte Namen haben:
Sie sind alphabetisch benannt. Und ja, wir haben einen ganz schönen Verschleiss (sind aber 38 Jahre Katzenhaltung inzwischen). Und ein Strasse (nicht sehr nah), auf der die Landjugend ihre Führerscheine feiert. Und Füchse. Und Wölfe. Und Bären.

Und da wir noch mehr von diesen Bestien (nicht die Füchse,Wölfe und Bären) Obdach gewären, tritt man sehr häufig in irgendwelche Kadaver (wie auch gerade eben, diesmal gibt es wirklich kein Foto). So ist das nämlich mit den süssen Miezen und der fast freien Wildbahn. Wenn sie die Beute wenigstens verzehrten. Natürlich haben wir die trotzallem ganz doll lieb. Nur ganz manchmal ein bisschen weniger.