Post vom Arbeitsamt

Sehr geehrter Arbeitssuchender!
Sie erhalten diese Nachricht als ein Bewerber um die Stelle von einem Obermanager in unserer Internet-Gesellschaft. Wir bieten Ihnen einen flexiblen Arbeitsplan, Krankenversicherung, ein Bruttogehalt von Fünfzigtausend USD, einen jährlichen Urlaub für zwei Wochen an. Wenn Sie dieses Stellenangebot annehmen möchten, bitte, füllen Sie einen Fragebogen aus. [url …]
Mit freundlichen Grüßen,
Arbeitsamt
Franz Owen

Obermanager. Internetgesellschaft. Zwei Wochen Urlaub. Ich denk drüber nach. Echt.

Bauch, Beine, Po

Angefangen habe ich in Köln, als ich bei einer bekannten Kindersendug hospitierte und den ganzen Hühnerhaufen in kurzer Zeit gegen mich aufgebracht hatte, einer der Gründe, die Kinderfernsehidee zu begraben. Ich hab da was im Ohr, so einen Pfropfen fand ich beim HNO, der fand aber einen Hörsturz, ich hab das noch mit Ach und Krach Ende zugebracht, um dann daheim in Berlin bei der Arbeit zusammenzuklappen. Kochsalz war nix, aber Cortison. Und das erste MRT. Oh, kein Hörsturz. Eine blödere Diagnose. Dann die Hände, beide, ging dann wieder, kam dann wieder, die linke blieb mir, ein bisschen. Kribbelnd. Ein paar Jahre in Praxen, Literweise Cortisoninfusionen, bis ich nicht mehr hinging. Die Unschuld beim Arzt verloren. Kennt man ja aus den Groschenheftchen. Nach dem 73. MRT hab ich einfach aufgehört. Mit Arzt. Mit MRT. Mit Cortison. Mit Prophylaxe.

Ich war seit vier Jahren nicht mehr beim Arzt. Vor lauter Angst davor, was der alles finden könnte. Bis heute. Ok. Rechtes Ohr, linke Hand, linkes Bein und jetzt: Linkes Auge. Gehöre dazu, hat das Internet behauptet, ist meistens nach einer Woche wieder weg. Es sind jetzt zweieinhalb. Heute hab ich mir ein Herz gefasst. Auf dem Rückweg vom Friseur. Falls es doch was anderes ist, will ja niemand. Komme gleich dran, alle scheinen besorgt. Nette Augenärztin mit Osthaarfärbung. Ich sitze im Behandlungszimmer, warte und glotze (so gut ich kann) und alle Lesetafeln, überhaupt alles hängt schief da drin. Das finde ich vertrauenserweckend. Raus kommt nur die übliche Ratlosigkeit. Ja. Das stimmt was nicht. Ja, das könnte ein neurologisches Problem sein. Aber typisch ist das nicht. Typisch. So komm‘ ich in sechs Wochen wieder. Ich wünsche mir, dass es mal ein bisschen klassisch geht, also weg. So wie das Internet behauptet. Ich brauch doch mein linkes Auge. Sehr.

Flussreisen

Bin sehr müd grad. Zu müd zum denken. Deshalb gibt’s wieder nur Reiseberichte. Vielleicht ändert sich das mal wieder.

Immer noch baue ich an meinem Garten. Erde fehlt. Im Internet nach Erde schauen. Geht ja heutzutage. Die Öko-Tussi wünscht es natürlich torffrei und ohne Kunstdünger. Ökohum entdecken, ein lustiges Telefonat führen (Frage: Wo kann ich das Zeug kaufen? Antwort Mitarbeiter: Huch, keine Ahnung!) und feststellen, dass die Erdefabrik nur 40 Kilometer weg ist. Kurz hinter dem Kaff, in dessen Clubs, ne da hiess das noch Disko, ich ab meinem 14. Lebensjahr jeden Donnerstag, Freitag und Samstag verbracht habe. Die Zeiten ändern sich. Jetz also Erde. Soviel Erde hab ich noch nie gesehen. Eine Erdefabrik. Sachen gibt’s.

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Dann mal wieder durch das Donautal gondeln. In Beuron anhalten. Die Klosterkirche besuchen. Der Klösterlichen Lebensweise fühle ich mich zunehmend verbunden. Irgendwie bin ich ja mein eigenes Kloster. Ein Buch über Bauernregeln kaufen. Mit dem Trotzki an der Donau entlang sausen. Riecht gut. Finden wir beide.

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Bei dem kann man die Beichte ablegen.

Auf dem Heimweg zufällig am Bauernhausfreilichtmuseum vorbeikommen. Ha. Das beendet seine Winterpause aber erst morgen. Durch den Zaun auf tolle alte Bauernhäuser glotzen. Kann mich noch erinnern, als solche noch in echt rumstanden. Bevor sie renoviert wurden. Thermofenster und Styropor und so.

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Und in der bezaubernden Beiz ein Teller naja Käsknöpfle essen. Und jetzt bin ich sehr müd. Trotzdem Schreibtisch. Heulen ja alle schon rum.

Weißblaue Geschichten

halt ohne Geschichten. Dafür hab ich für Sie die schönsten Orte besucht.
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Sogar den bescheuerten Matthew Barney angeschaut. Damit ich endlich besser weiss, was ich so bescheuert finde. Und tatsächlich: Ich finde ihn bescheuert.

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Dafür hat mir der Abraham Cruzvillegas gut gefallen.
Leider dürfte man nicht fotografieren. Vergessen Sie das also.

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Diese beiden jungen Männer haben ganz ergreifend für uns musiziert.
Ich kann die Jugend von heute gut leiden.

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Die Sonne geht also auch in München unter.
Und endlich konnte ich meine neue gelbe Geburtstagstasche ausführen.
Und die Starkstromabteilung im Deutschen Museum gefällt mir am besten.
Und ich habe wunderbare Freunde. Aber das wusste ich schon.
Und wir haben voll viel Schotter eingenommen.
Und ich finde Seyschelliges Essen immer noch blöd. Mexikanisch nicht.
Schön war’s.

Lost boyz

Du bist also die, die ihre Beine zwischen die Beine meines Mannes schieben will zischt die fremde Frau. Woher weiss sie. La glotzt. Tango. Ihr wollt doch Tango lernen keift sie Ach Tango, ja. La fühlt sich dennoch ertappt, denn sie stellt sich schon länger vor vor, wie allerhand Beine sich verschlingen, nicht nur beim Tango. Als er das erste Mal anruft, nicht mal für sie, was für eine Stimme, geht sie direkt in die Knie. Wie Wanda, die die Sessellehne ableckt, als John Cleese ihr mit seinen Fremdsprachenkenntnissen imponiert. Naja fast.

Wenn sie das ohnehin vermutet, behaupet La und bald schlingen sich Beine umeinander, eine Art Tango, geht wie von selbst, ganz ohne Kurs. Dann verlässt er die Gudrun und La kann sich solange nicht entscheiden, bis er die ersehnte Verbindlichkeit bei einer Krankenschwester findet. Diesen letzten Abend wird sie nie vergessen, wie er da sitzt, hastig sein Bier trinkt und sagt, sie könnten sich nicht mehr treffen, er habe eine kennen gelernt, sie ziehe bald zu ihm. La verschluckt sich an Getränk und Zigarette und vorallem daran, was sie für heute Abend vorbereitet hatte. Ihm was zu sagen. Über Liebe.

Letzte Woche hat er die Krankenschwester verlassen. Hört man so. Bestimmt sind sein Haare sehr schön schwarz-weiss meliert inzwischen.

Was ich nicht mehr lesen möchte

Nun habe ich also ein Lavendelbad genommen (es ist Sonntag) und die Flaw studiert. Eine Zeitschrift mit Beiträgen über mittelintelligente Frauen, die haufenweise Binsenweisheiten absondern (also ungefähr wie hier). Dazwischen gibt es Artikel voller Binsenweisheiten im Allgemeinen. Ich bin ziemlich fassungslos: Ausser dass dieses Machwerk in einem hübschen Kleid daher kommt, habe ich selten ein überflüssigeres Printprdukt in Händen gehalten. Im Grunde ist das nichts als eine noch schlechtere Brigitte im neuen Gewand. Das Wort Achtsamkeit kommt ungefähr acht Millionen Mal vor, es wechselt sich ab mit YOLO in manigfaltigen Varianten.

Dann gibt es noch A 4 Aufkleber mit Binsenweisheiten Do what you love and fortune will follow und Everything is going to be OK, was für eine gequirlte Kacke, und nein, nicht everything is going to be OK, bedaure. Schon gar nicht auf Englisch. Ein paar unsinnige Kochrezepte, eine kleine Zeichenstunde (wtf?), ein Simplifyyourlife-Wochenplaner zum Raustrennen und als Krönung eine Anleitung, wie Frau eine Lampe aufhängt. BITTE? Ich wünsche mir ganz sicher keine Zeitschrift, die annimmt, dass ihre Zielgruppe diesbezüglich Bedarf hat. Angenommen ich hätte das, und ich frage mich, was das für Menschen sind, die nicht spätestens mit 19 das erste Mal eine Lampe installiert haben, würde ich mich schnell in diesen dollen Internet informieren. Und nicht in einer trutschligen Frauenzeitschrift. Achja, Einkaufstips gibt’s auch noch.

Am meissten bin ich geschockt, dass drei enge Freundinen annehmen, mir könnte sowas gefallen. Ich hoffe inbrünstig, die haben sich von der reizenden Aufmachung verleiten lassen und nicht so intensiv reingeschaut. Ich werde nun noch in den Genuss weiterer Ausgaben dieser Publikation kommen (Geschenk-Abo): Da hilft nur, das Ding als Grafik-Studienobjekt zu betrachten und dann zum Anfeuern zu nutzen. Ich wüsste nicht mal, wem ich das weitergeben könnte.

Frau D. schreibt, sie habe geweint vor Begeisterung beim Durchblättern. Vielleicht stimmt ja mit mir was nicht.

Leichen

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Bekanntlich war früher alles Besser. Zum Beispiel Eb*y. 2005 bin ich da beigetreten und habe direkt für gutes Geld allerhand Überflüssiges verscherbelt. Und dabei lustige Korrespondenzen geführt. So schrieb mir beispielsweise Herr R. aus L.: Meiner Frau gefaellt die Vase ausnehmend gut, also bin auch ich als Ehemann sehr zufrieden, obwohl wir schon eine Vase besitzen (diese Mail kam mir unter, weil ich wieder etwas Hausrat veräußern will, und deshalb was im Eb*y-Ordner nachschauen musste). Ein paar Geburtstagsgeschenke, keins von diesem Jahr (ich habe dieses Jahr GANZ TOLLE Geschenke bekommen), obwohl lustigerweise gleich dreimal diese Zeitschrift Fl*w dabei war. Vermutlich mangelt es mir manchmal an demselben. Oder ich klage zu viel.

Da bekanntlich früher nicht alles besser war, wurde ich über die Jahre mit ein paar Dingen beglückt, an denen ich weniger Gefallen finde. Ich glaube, mich zu beschenken macht keinen großen Spass. Zum einen kaufe ich Sachen einfach selbst, wenn ich meine, sie zu brauchen, zum andern ist mein Geschmack sehr speziell und kompliziert. Also dieses Handtäschen zum Beispiel. Ist von einer teuren Marke. Jetzt befiehlt das Internetauktionshaus, ich solle, um solch ein erlesenes Designobjekt zu verkaufen, bitteschön mein Payp*lkonto verifizieren. Was zum Tefel für ein Payp*lkonto? Ist es zu fassen? Da ist man all die Jahre ohne so einen bescheuertes Kram ausgekommen und nun soll man eines eröffnen, um was zu VERKAUFEN? Grmpf.

Viel wichtiger als das ist aber, dass es ein Lebenszeichen vom Schweinigel gibt. Ich hatte den nämlich nach draussen umgesiedelt, er war darob sehr verdattert und erstarrte. Und ich sorgte mich tagelang. Jetzt hat er aber gegessen und gekackt und ich bin etwas beruhigt. Er ratzt nun wieder.

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Zumal wir gerade allerhand Verluste zu beklagen haben. Das ist wohl eine Goldammer. Die sich das Genick gebrochen hat. Die Gesellen oben hatten es zu trocken. Und ich kam zu spät. So was Blödes.

Otto

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Letztes Jahr hat das Otto-Dix-Haus wieder eröffnet. Dix hat nach seiner Entlassung aus der Dresdner Kunstakademie 1933 sein restliches Leben am Bodensee verbracht. Verbringen müssen (Zum Kotzen schön, Sie erinnern sich). Im wesentlichen in Hemmenhofen auf der Höri, einer Halbinsel am Westend des Sees, in etwa da, wo der Rhein rausfliesst (das ist etwas kompliziert).

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Jedenfalls war ich jetzt da. Das Haus liegt traumhaft, mit Panoramaseeblick. Ein schönes Haus. In schnörkelloser 30er Jahre-Architektur gebaut und von einem grosszügigen Garten umgeben. Wie immer habe ich den Audioguide abgelehnt. Ich mag nix auf den Ohren, wenn ich mir was ansehe. Vermutlich war das hier noch dööfer als sonst, denn es gibt praktisch nichts zu sehen (also hätte ich ruhig hören können): Ein schlichtes Gebäude, sparsam mit ein paar überwiegend nachempfundenen, wenn auch hübschen Möbeln bestückt. Eine verschmierte Staffelei. Ein paar Pinsel. Ein paar nette Zeichnungen, die er für seine Kinder gemacht hat. An den Wänden Reproduktionen (als Wandmalerei) bedeutender Bilder (gefällt mir). Ein paar Gemälde, die vermutlich aus dem Depot des Stuttgarter Landesmuseums stammen, dem der Verein das Haus übereignet hat.

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Der Audioguide erzählt der Webseite zufolge aus drei Perspektiven: Familienleben, kunsthistorische Ausführungen und Persönliches von Jan Dix. Wie gesagt, ich mag das nicht. Da kann ich auch ein Buch lesen. Und ich habe mich hier gefragt, warum man, wenn man zu wenig Inventar zur Verfügung hat, um eine authentische Atmosphäre herzustellen, so ein Haus nicht lieber ganz leer lässt und es als Ausstellungs- und oder Arbeitsort für junge Künstlerinnen nutzt. Es ist nämlich ein schönes helles geräumiges Haus mit echt duftem Blick. Das hätte der Dix sicher auch begrüsst. Was Lebendiges.

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Die Leute, die da arbeiten sind sehr nett. Der Kaffee ist gut. Und man sitzt doll.