Ich habe also offenbar zwei Methoden, mit dauerhafter nervlicher Anspannung umzugehen: Essen und Kaufen. Wie schlicht und einfallslos.
Das Essen macht mir mehr Kummer. Ich habe weder Hunger noch Appetit auf irgendetwas, dennoch esse ich fast ohne Unterlass, ohne jegliches Sättigungsgefühl. Ich könnte einfach immer weiteressen. Nur aufhören, wenn nichts mehr da ist. Und die komischsten Sachen, die seit Jahren in Vergessenheit waren: Gummitiere (wie Entenbaum sagt, die einen erheblichen Kosum hat), Chips, sowas halt. Aber auch richtige Sachen, in großen Mengen und völlig ohne Vergnügen. Ich. Naja. Langsam pendelt sich das wieder ein.
Die Kauferei ist auch schrecklich. Nachdem ich ja nach wie vor willens bin, meine 300 Paar Schuhe durchzulaufen und umgsuchtet habe, kaufe ich nun Dinge, deren Anschaffung schon lange auf Eis lag: Eine Makita Schlagbohrmaschine, sechs uralte Goldrandteetassen bei Ebay (die Untertassen hatte ich schon, ein Wunsch der Greisin), eine Grilltoasterkombination (ebenfalls gewünscht), ein Handrührgerät (?), einen Kaminholzwagen (natürlich den Testsieger). Vier alte Biergartestühle, sehr abgeblättert oder chabby sagt man ja jetze. Einen neuen Espressokocher. Usw.
Eigentlich hoffentlich ist das nun durch. Denn ich weile wieder in der entzückenden Kurstatt, wo die Greisin nun in die Reha geschafft wurde. Nach einigen Aufs und vielen Abs macht sie sich wirklich gut. Ich halte noch ein bisschen die faltige Hand, rechne aber fest damit, mich am Donnerstag vom Acker zu machen. Kurz erwägt, noch schnell nach Venedig zu fliegen.
Werde die erste Biennale seit acht Jahren verpassen. Die erste, die mich ein bisschen interessiert hätte (sonst war ich immer sowieso da). Venedig im November, absolut eine Reise wert. War schon auf der Billigfliegerseite, als sich Besuch aus München angekündigt hat für das nächste Wochenende. Liebreizender Besuch. Und dann ist sie zu Ende. Seis drum.
Komischerweise arbeite ich sehr gut. Hochkonzentriert (ich!), präzise und voller guter Ideen, die dann auch prompt durchgewinkt werden. Ts.
Ein Hoch auf die tapfere Greisin. Die wieder Witze macht.
Leider immer noch die selben. Ne, ein Glück.
Edit: Immer noch nicht aus dem Befindlichkeitsloch raus. Dabei gäbe es allerhand anderes. Über Landnahme, Entwicklungspolitik und kleine Kätzchen. Na, bald. Bestimmt.
Eine Makita Schlagbohrmaschine! Ich flipp aus. Und wie so nebenbei erwähnt… Kann man von der Wirkung ja fast nur mit ein von Ms. Monroe unschuldig gehauchtem, ach wissen Sie, nachts trage ich nur einen Hauch von… Makita Schlagbohrmaschine. Stark, Mir wird Venedig auch immer im November empfohlen, da muß was dran sein. Wenn es Sie tröstet, ich war als einziger Mensch auch nicht auf der documenta. Und die ist nur alle fünf. Sehen Sie es als Ausnahmejahr. Das Kurhausjahr, als Sie das warme, beruhigende Pluckern einer Makita in den Händen spürten.
Ach wissen Sie Herr Kid, das ist so eine ganz kleine mädchenmäßige, keine für die sich Jungs begeistern könnten. Sie ist ganz wunderbar und ich habe schon ein paar Zaunlatten angeschraubt.
Wir fahren einfach nächsten November. Ja? Sowieso völlig überbewertet diese Kunst. Die fetten Kreuzfahrtschiffe im Canal Grande sind viel cooler.
Jemand sagte mir, ich sei jetzt im Alter für Hurtigruten. Kann man dann alles per Schiff begucken. Schuhe sind übrigens ein altes Abwehrritual.
müssen halt auch mal sein. Ich nehme gerne Anteil. Und wünsche weiterhin gutes Gelingen. Immernoch die alten selben Witze können ja schon mal sehr beruhigen.
77.
Ach ja, schon wieder vergessen.
Ich war irgendwie bei Ende dreissig hängengeblieben.
Sie sind schon 70?
Ja, die Sache mit den Schuhen. Das kann schon sein.
Noch dazu ist man in sehr schlechter Gesellschaft.
Wie schön. Und: Auf jeden Fall!