Kurz vor der Ankunftszeit in Liverpool (es war seeehr eng, denn an diesem Tag fuhren in England nur eine Hand voll Züge) fragte ich meinen Nachbarn, ob wir denn nun gleich in L. wären. Aber nicht doch, das sei die ganz falsche Richtung, der nächste Halt sei in Preston. Von Preston hatte ich noch nie gehört, mittlerweile weiss ich, dass es fast schon in auf dem halben Weg nach Schottland ist. Inzwischen war meine heitere Gelassenheit schon ein wenig löchrig.
Ich also raus ausm Zug, leerer Bahnhof, Dunkelheit, ein paar Strassenkehrer, die fragte ich. Ein Zug nach Liverpool? Nö, heute nicht mehr, es sei doch Bahnstreik. Es war halb zehn. p.m. Und da bin ich in Tränen ausgebrochen. Wegen Wut, wegen Erschöpft, wegen Unglück und Schnauze voll. Und da schwebte ein ausnehmend gut aussehender junger Mann herbei und fragte, ob er helfen könne. Schnief Liverpool. Unrerreichbar. Nix da, fand er und schleifte mich zu einem verborgenen, aber geöffneten Schalter (es war ja schliesslich Bahnstreik und ausser mir schienen noch andere aus anderen Gründen gestrandet). Des jungen Mannes Optimismus wurde vom Schalterbeamten dann etwas gedämpft (es war ja schliesslich Bahnstreik), aber nach Kruschteln und Suchen und Probieren fand der Schaltermann heraus, dass ich nach Warrington, Bahnhof Bank Quay fahren kann, dort einen fünfzehnminütigen Fussmarsch durch eine dunkle fremde Stadt mit einem schweren Koffer zurückzulegen habe, um zum Bahnhof Warrington Central zu kommen, und dort wäre ich dann praktisch schon in L. Ha.
Der junge Mann brachte die alte Schachtel, deren Tränen inzwischen getrocknet waren, sicherheitshalber noch zum Bahnsteig und setzte sie in den richtigen Zug.
Kurz vor Warrington stand ich parat an der Zugtür, abermals mit einem jungen Mann (der war zwar ein bisschen weniger strahlend schön), den ich fragte, ob er wisse, ob es möglicherweise ein Taxi geben könnte. Eher nicht (mitten in der Nacht in einer englischen Kleinstadt). Und der Fussweg, den er nicht kenne, sei wohl ziemlich kompliziert. Soifz. Aber er würde ja abgeholt und seine Eltern könnten mich rasch zum anderen Bahnhof fahren. Waah. Ja. Haben die echt.
Und um halb zwölf war ich dann in Liverpool.
(Die kleineren Turbulenzen habe ich unterschlagen, sonst wäre dieses Schriftstück noch länger geworden.)
Jedenfalls wäre ich dumme Gans ohne diese vier liebreizenden Kerle niemals an mein Ziel gelangt. Die vier Tage in L. verliefen dann vergleichsweise reibungslos. Hübsch da. Und voller Beatles.