Ausgefuchst

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Die schlauen Füchse Reiseforscher von Bo*king haben anhand meiner durchgeführten und geplanten Reisen nach Glasgow, Oban, Vilnius, Riga, Kilkee und Henningsvær rausgefunden, dass ich mich besonders fürs Shoppen interessiere: Jaaa, shoppen, schon das Wort! Dafür fahre ich immer an die irische Westküste. In einen Ort mit 1024 Einwohnern. Wegen der Schnäppchen. Gummistiefel und so. Oder auf die Lofoten. Ein berüchtigtes Shoppingrevier. Ach ja, in Glasgow habe ich ein T-Shirt gekauft. Wegen der Irrsinnshitze. Und weil ich nur Rollkragenpullover dabei hatte. Deshalb bestimmt. (Falls sich jemand für das Wetter in Schottland interessiert: Ist so)

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Ausser auf Fleisch verzichte ich seit einiger Zeit unter der Woche auf Alkohol. Das Kochbier zu opfern ist ein wahrhaftiges Opfer. Aber es war mal an der Zeit, das etwas einzudämmen.

Nur jetz: An Wohl- oder Unwohlbefinden ändert sich rein gar nix. Ich schlafe nicht besser oder schlechter, ich habe morgens genau so viel oder wenig Kopfschmerzen, ich habe genauso gute oder schlechte Laune. Nur eben ohne Alkohol. Der Asket möge nun sagen, na super, dann kann man ihn ja auch weglassen. Ich aber sage, ich werde dieses Experiment zeitnah abbrechen. Bringt ja nix. Und wie wir wissen:
Bier

Frühling

Gestern wurde ich von einem plötzlichen Reparaturwahn befallen. Ein Glück bin ich keine Restauratorin mehr, so habe ich einfach alles mit P*atex zusammengeklebt. Oder mit P*nal (jedenfalls total irreversibel). Die hat alle der Gaul zerbrochen, bei seinen Ausflügen. Zeit war’s. Fürs Heilmachen.
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Den hat mir die K. wieder hergerichtet, ich habe nur noch die Feinarbeit gemacht (ich verlier‘ ja sofort die Geduld). Es hatte auch da einen kleinen Zwischenfall gegeben, allerdings ohne Pferd. Er hat kein Kreuz mehr aber immerhin wieder alle Extremitäten. Jetzt brauche ich noch einen Schreiner.

Zur Erholung sind der T. und ich anschließend eine Runde Berge glotzen gegangen. Also ich. Er Fußboden. Und Krähen. Und Hasen.
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Unterwegs nur Frau Luft und Herrn Wiese getroffen. Vom Wanderverein. Ganz in echt jetzt. Nette Leute. Sonst nix weiter. Der T. war sehr enttäuscht.

Abends Daumenkinographie von Volker Gerling im Theater Konstanz angesehen. Sehr schön. Und ziemlich Berlin 90er Jahre. Ich kannte zwei der Portraitierten. Und seinen ersten Galeristen. Kleine Welt.

Diesunddas

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Der Holzmann und ich haben über zwei Stunden für die Aufnahme gebraucht. Fast 25 Festmeter. Ich hab leichtsinnig gefragt, für was das dann wohl benutzt wird. Ach, nur Palettenholz. Jehemineh. Ich mag wie die Holzänner riechen, nach Motorsägengemisch und Harz. Schön, die Spechte sag ich. Die Würmer sind aufgewacht weiss der Holzmann. Am Valentinstag.

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Herr Guitar vom Quizduell und ich sind schon wie ein altes Ehepaar. Und ich komme einfach nicht unter 38.000.

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Der Igel hat vor den Ferien meine grundsolide Styroporabsperrung durchnagt und wurde erneut in verzweifelt verklemmter Lage aufgegriffen (Wie blöd kann man eigentlich sein? Also wir beide). Er ratzt jetzt wieder. In seinem persönlichen Stammheim. Einmal die Woche wacht er auf, vespert etwas Trockenfutter und verkrümelt sich wieder. So soll es sein.

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Der schöne Theodor aka Kleinmiezer wohnt seit gut zwei Wochen bei einem netten Paar, wird nach Strich und Faden verwöhnt und biologisch-dynamisch ernährt. Er heisst jetzt Sammy.

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Die neue Brille ist kaputt gegangen. Das wird ein neues Hobby scheint mir.

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Der Trotzki hat sich in der Zeit meiner Abwesenheit manierlich benommen, außer wenn Besuch da war. Sagt die Greisin und ist darob etwas verstimmt. Ansonsten ist sie guter Dinge. Sie schläft wieder ein bisschen nachts. Und ist mit mir die Grenzsteine abgelaufen.

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Heute geh ich ins Theater. Naja, fast.

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Und ich habe die 5-Days-Veggie-Week eingeführt. Versehentlich sind auch immer ein zwei vegane Tage dabei. Und am Wochenende gibt’s Steak. Und Schweinsbraten.

Kunstschnee

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Weil der Mensch ja nicht immer wie bescheuert Pisten runterrasen kann, (mit Erstaunen habe ich in diesem Jahr festgestellt, dass der Reiz, irgendwo mit eigener Kraft hinaufzusteigen, um runterzurasen für mich deutlich an Attraktivität gewonnen hat und dieser Tiefschnee erst, aaah), habe ich eines Tages den gelben Postbus genommen und bin gleichfalls sehr rasant und kurvenreich hingereist, wovon unser heimisches Käsblatt mit Begeisterung berichtet hatte: Zur Kunstausstellung (Superwort) im Hospiz in St. Christoph.

Das Hospiz, im 14. Jahrhundert erbaut, war ehemals, wie Wikipedia weiss, eine Einrichtung zum Schutz der Reisenden vor Wetterkapriolen. St. Christoph liegt direkt unterhalb der Arlberpasshöhe (1793 M.), an einer Route, die mindestens ab dem 14. Jahrhundert als fahrbarar Handelsweg zwischen der Bodensee-Region und Italien genutzt wurde. Heute beherbergt es ein gediegenes 5-Sterne-Hotel, an dessen Rezeption meinem Ansinnen, die Kunst zu besichtigen mit nur einem winzigen Augenbrauenzucken freundlichst entsprochen wurde.

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Ich führe Sie gleich herum, in fünf Minuten zwitscherte das zuständige reizende Wesen. Ich habe dann, anstatt zu warten, lieber einen Kaffee und ein sehr gutes Stück Käsekuchen eingenommen. Um die Führung konnte ich mich auch drücken, ganz alleine dürfte ich durch die Katakomben wandern, nun war es Zeit für meine Augenbraue, denn: Naja.* Bis auf die Plakate, die kennen Sie ja schon. Allerdings, egal wie man maulen möchte, das Konzept finde ich sehr toll, es gibt hier nämlich den Artist in Residence: Der Kunstsammelnde und Hotelbesitzende Florian Werner stellt Künstlerinnen und Künstlern während des Winters ein Atelier zur Verfügung. Und zeigt anschliessend ihre Arbeiten. Und als ich immer weiter wanderte, fand ich auch das ein oder andere, an dem ich mich erfreuen konnte, so dass meine Brauen sich wieder beruhigten.

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Und ich bedauerte ein bisschen, dass ich ganz und gar nicht nach 1980 geboren bin, denn ein Winter hier oben könnte mir schon gefallen. Ich würde dafür sogar so Kunst machen. Oder Fotos von Kunst.

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Ach ja, auch sonst waren alle da. Ich habe die Wall of Fame nicht so genau studiert, aber der Typ in weiss kam mir bekannt vor. Ich bin trotzdem schnell wieder heim auf meinen eigenen Berg. Gerade noch so, denn es schneite Hunde und Katzen. Oder noch grösser. Junge Giraffen.

* Genießen Sie heute auf’s Neue die legendären Montezschen Kunstkritiken, die Sie aufgrund erheblicher Nachfrage bestimmt bald als Abo erhalten können.

Winter

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So war’s gewesen.

Höhere Wesen hatten kurz vor Schumiverunfallung befohlen, Helm zu kaufen. Hab ich natürlich brav gemacht.
Prompt wurde ich von einem Snowboarder überfahren. Hat aber nur die Hose zerschnitten. Dafür einen Helm?

Bunt

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Ich bin heute auf einen anderen Berg gefahren, um Kunst zu kucken. Von der und überhaupt erzähle ich dann irgendwann mal. Vielleicht. Aber die Plakatsammlung zeig ich gleich her. Wie schön. Sind natürlich nicht alle. Aber die schönsten. Die ich am schönsten finde. Besonders das grüne.

Orte

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Bin spät dran. Tage her, dass ein Beitrag des Kiezneurotikers wieder mal eine Erinnerungskette noch unübersichtlichen Ausmasses ausglöst hat.

Ostberlin der frühen 90er Jahre, auch wieder mal. Freundin R. musste umziehen, eine der ersten Sanierungen hatte sie aus der sogar für damalige Verhältnisse billigen Wohnung in der Schliemann Strasse vertrieben. Diese Wohnung war ein wichtiger Ort. Trotz Parterre war es da warm. Es gab Öfen. Die Öfen funktionierten UND es gab Kohlen. Es gab sogar ab und zu jemanden, der die Kohlen nachlegte. Es gab was zu essen. Und fast immer was zu rauchen und zu trinken. Alle gingen dort ein und aus, was einfach war, man konnte von der Straße durch ein Fenster klettern und war gleich mittendrin. Wer genau dort wohnte, war unübersichtlich, im Wesentlichen aber noch der G., der sich von der R. unter anderen dadurch unterschied, dass er aus einem steinreichen Elternhaus kam. Den Stammbaum der R. kann man zwar mühelos bis zu Karl dem Grossen zurückverfolgen, einschliesslich des engen Grades der Verwandtschaft, ansonsten hatte ihre Sippe wenig zu bieten, weswegen die R. vormals auch regelmässig wegen Frechsein um ihr Stipendium gezittert hatte. Stipendium an einem Internat, welches die verbindende Gemeinsamkeit des harten Kerns war.*

Der G. wiederum versuchte verzweifelt, sich vom heimischen Schotter, verdient mit einer Wurstfabrik, zu emanzipieren. Hatte sich mit den Eltern überworfen und lebte von zweifelhaften Tätigkeiten. Ich kann mich kaum erinnern, womit genau diese traurige Versammlung die Zeit zwischen ihren elenden Jobs verbrachte. Hauptsächlich wohl mit Trinken, Rauchen und Rumsitzen. Gesprochen wurde wenig. Selten mal spielte man merkwürdige Assoziationsspiele mit merkwürdigen Assoziationen. Manchmal, wenn einer ein bisschen Geld hatte und Abwechslung oder noch mehr Stille suchte, oder wenn die Kohlen mal alle waren, ging man nach gegenüber ins Kiryl, ein kleines Café, das zum Galrev-Verlag gehörte: So eine Butze mit türkiser Schwammtechnik an der Wand und Literatenpublikum, wie es sie heute nicht mehr gibt. Der Verlag existiert noch, sagt Wikipedia.

Nur an einen einzigen Abend erinnere ich mich deutlich, es war Silvester, ein paar von den Jungs waren losgegangen, um neue Zigaretten zu holen. Nach einer Weile kam der eine wieder, murmelte etwas unverständliches, wühlte in der Küche herum und verschwand dann wortlos. Etwa eine halbe Stunde später waren alle zusammen zurück. Freudestrahlend. Mit dem Automaten. Er habe das Geld nicht wieder rausgegeben, da hätten sie ihn halt abgeflext. Zigaretten gab es dann. Allerdings nur sowas wie F6 und Karo, schliesslich war hier Ostberlin. Jeder bekam später eine Tüte voll mit nach hause, Geld war fast keins drin. **

Aber das wollte ich gar nicht erzählen. Die R. musste also umziehen und fand eine riesige dunkle noch billigere Wohnung in der Torstrasse. Die war damals ein öder Ort, auf eine andere Art als heute. Mit ihr übersiedelte auch der Rest, und das Leben nahm seinen trägen Lauf in neuer Umgebung wieder auf. Auch dort wurde gesessen, gedreht, geraucht, getrunken und geschwiegen. Manchmal gab es auch eine richtige Party, alle zogen komische Kleider an und waren kurzzeitig sehr ausgelassen.

Auf einer von denen traf ich auch den Schimanski das erste Mal. Er hinterliess den schlechtestmöglichen Eindruck. So ein angeberischer Filmarsch halt. War ein Freund vom L. Der L. hatte richtige Arbeit. Als Schauspieler. Und Geld. Er zog in der Torstrasse ein, brauchte was zum pennen wenn er drehte, denn er war aus Köln. Irgendwann eröffnete gegenüber ein Vorbote der späteren Entwicklungen: So eine Feinkostklitsche. Der L. kam abends regelmäßig mit Tüten voll in Papier eingeschlagener Cremant-Flaschen. Fenchelsalami. Pecorino. Er liebte Gesellschaft, dafür war ihm nix zu teuer. Und wir den L.. Recht glücklich machen konnten wir ihn dennoch nicht, er vermisste seine Stammkneipe mitsamt exzentrischer Belegschaft. Eine Legende: Das Durst (in dem auch ich schon allerhand denkwürdige Nächte verbracht habe). Es war eine Not. Bis, und hier endlich die heissersehnte Kurve: Das Schmitz eröffnete. Ich rollte mit den Augen, kein Jahr gab ich dem, schon der Schriftzug. Der L. jedoch war im Glück. Jeden Abend. Und ich hab mich rasch an das zweite Wohnzimmer gewöhnt. Er wohnt im Westen inzwischen, aber wenn er in der Nähe ist, schaut er vorbei. In der Wohnung der R. wohnt ihre kleine Schwester, alle anderen sonstwo. Das Schmitz gibts immer noch. Hoffentlich noch lange. Manchmal geschehen ja Wunder.

* Wer mehr über die vielfach vernachlässigten depressiven Wohlstandskinder lesen möchte, versuche es mit Christian Krachts Faserland, welches mich völlig unberührt liess, das Internatsmillieu aber gut beschreibt.

** Falls Sie also vor langer Zeit an Neujahr mal im P’berg Kippen holen wollten und dort, wo Ihr gewohnter Automat hing nur noch auf eine leer Wand starrten: Wir waren das.