Nebelkrähe Corvus corone cornix
So ein paar Dohlen wünsch ich mir auch für meinen Berg. Die könnten hier in Auf- und Abwinden kunstfliegen und neue Formationen ausarbeiten. Virtuose Vögel. Und unbestechlich. Machen vor den Berghütten Faxen für Touristen, solang sie lustig sind, wenn nicht mehr, hilft auch das beste Futter nix. In der Kleinstadt meiner Kindheit gab es einen Tierarzt mit einer zahmen Dohle (auf der Schulter), die kam auf unseren Schulhof, um an den Pausenbroten teilzuhaben. Den Tierarzt gibt es schon lang nicht mehr, auch die Dohle nicht, na klar.
Im P-Berg hab ich mal in einem Haus gewohnt, in dessen Hof die Elstern gebrütet haben, direkt vor meinem Fenster, in der Kastanie, das war ein Krach, eine ewige Streiterei, dass ich die Elstern seitdem nicht leiden kann (man kommt heim, die Nacht war lang und dann so eine Schreierei, auch Sonntags). Umso mehr, als sie Gerhild jedes Jahr (war es jedes Jahr die Gerhild?) die Eier aus dem Nest rausklauten, das diese unbelehrbar zwischen den struppigen Blumen auf dem Hinterhofbalkon gebaut hat. Tagelanges Wehklagen. Auch von ihrem Gatten, dem schwarzen Amselmann.
Die (Nebel-)Krähen mag ich sehr, waren schon mein Trost, wenn ich verzweifelt durch den Charlottenburger Schlosspark streifte, wegen der blöden Bilder. Später in der Uni hatte ich abends gegen fünf genau den Blick auf ihre Krähenbäume, wie schwarze Perlen aufgereiht auf blattlosen Zweigen, die Krähen von ganz Berlin hielten am Kleistpark rätselhafte Zusammenkünfte. Wer weiß, vielleicht berichtet man nur lauthals über seinen Tag. Bevor man ruht.
Hier haben sie letztes Jahr in der Douglasie vor meinem Schlafzimmerfenster gebrütet. Sie gehen sehr zärtlich miteinander um und gurren leise, wenn sie sich sehen, kein Vergleich zu den ordinären Elstern. Gerade fliegen sie unermüdlich hin und her, mit riesigen Zweigen in den schwarzen Schnäbeln, und bauen damit ihr unordentliches Nest. Wenn sie fertig damit sind, kommt der Rotmilan und will sie dort vertreiben, das gibt tagelang Gezanke, aber sie lassen sich nicht unterkriegen, manchmal verfolgen sie ihn zu zweit. Mit angelegten Ohren.
Am Schönsten sind die Flugübungen der Junioren, wenn sie verlegen auf den Ästen wippten und unbeholfen mit den Flügeln schlagen. Der Moment des Loslassens, wie schwer der ist, das weiß ja jeder. Und dann runtertrudeln, sich fangen, fast im letzten Moment um nach ein paar mehr ungelenken Versuchen festzustellen, dass man ja was kann, was man vorher nicht konnte. Von dem man gar nicht glauben kann, dass man das können kann. Und nach ein paar Tagen fliegen sie als hätten sie es immer schon gekonnt.
Und die Eichelhäher. Und einen echten Raben würde ich gerne mal sehen.
Ich hör jetzt mal auf.