Archiv für den Monat: Januar 2014

Rituale

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Morgen fette Lotte, gut geschlafen? Haste Hunger?
Erstens bin ich nicht fett, zweitens heisse ich nicht Lotte.
Guten morgen Madame Lola, ich wünsche, wohl geruht zu haben.
Was kann ich für Sie tun?
Frühstück, aber bisschen plötzlich.
Sehr wohl, gnädige Frau. Stets zu Ihren Diensten.

Der Hintergund so.

Fast wie ein Zauberberg #05

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In der Sauna. Auf einmal konnte sie nicht aufstehen. Kribbeln und Stechen überall am Körper, dann alles taub. So ein schönes junges Mädchen. Gerade Abitur. Bald sammlen sich diese Geschichten, in die Geschlossene, Sie simulieren doch, da ist nix an Ihren Bandscheiben, die Rosafarbene weint, laufen konnte sie da schon Monate nicht mehr. Von einem Augenarzt zum anderen, alles doppelt, dann fast nichts mehr sehen, keine Ahnung was der Grund ist. Leidenswege. Da bin ich mit meinem kurzen Hörsturz- und Tumorumweg eine Ausnahme. Vergleichsweise rasante Diagnose. Und nur ein, zwei Arschlochärzte.

Die Männer sprechen nicht über die Krankheit. Oder nur in Gruppentherapie, das weiss ich nicht, ich bin doch nicht verrückt, sag ich zur serbischen Neurologin, und quatsche mit Wildfremden über meine Sorgen. Sicherheitshalber starre ich sie böse an dabei. Natürlich. Natürlich nicht. Die, die sich nicht wehren können, haben hier verloren, ich finde die Rosafarbene schluchzend im Treppenhaus, zur Gruppentherapie, sie will nicht, sie muss, das hat der Arzt gesagt. Sie kann nicht, sie weint, dieses Problem können wir lösen, die anderen nicht. Seit der Diagnose sei er nicht geschwommen sagt der Trompeter, nicht, dass er es nicht mehr könne, er traue sich nicht mehr. Nicht fahrraradfahren, nicht spazieren, nicht lieben, lachen, leben, lieber frühverrentet, ob ich auch so einen Ausweis hätte, die Steuer und so weiter. Mich macht das fassungslos, ich rase weiter um die Seen, wate jeden Morgen rein, mittags bei 35 Grad liege ich auf meinem Bett und lausche den Taubheiten in meinen Händen. Und dem Hinken im linken Bein. Und abends bin ich am Bootshaus bis die Sonne untergeht, leider nicht über dem See. Aber hinter mir, immerhin.

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Einmal bin ich eingeladen, ein Bekannter aus Berlin, er stammt von hier, die ganze Familie musikalisch, ein Konzert vom Kirchenchor. Schöner Gesang und schöne Kirche. Danach ein Grillen vor dem Pfarrhaus, Scheiss Wessis findet einer, ich kaue auf den Lippen, auf der Bockwurst, bis mir der Kragen platzt, wie oft ich diese Leier jetzt gehört hab, ich kann nix dafür, fauch ich, und meine Freunde auch nicht. Und dass es mir leid tut. Wegen Betrug und Abwicklung, wegen der Geier und der Zocker. Aber das war ich nicht. Oder seid Ihr etwa alle Nazis? Der Bariton verschluckt sich, würgt bleich an seinem Schnitzel, zu guter Letzt bekommen wir die Kurve und trinken Brüderschaft mit kaltem Lübzer. Auf einmal hagelt es, Dinger wie Kanonenkugeln, es ist vorbei, als alles drinnen ist, wir wieder raus, ans Feuer und trinken auf den Mauerfall. Ist ja nicht alles schlecht. Kraniche fliegen über unsre Köpfe. Irgendwo bellt ein Hund. Einer fährt mich dann nach hause in die Anstalt. Morgens: Wasserballett. Ich bin die jüngste.

Die anderen Folgen gibt es hier.

Heute so morgen so,

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sag ich doch. Der Miez ist immer noch nicht aufgetaucht. Es wurde nachts was vom Futter gefressen, aber das kann sonstwer gewesen sein. Ich verdächtige den fetten Plisch. Gefressen und ihn verjagt zu haben, also nicht den Miez, sondern das Futter, also gefressen, nicht verjagt. Gestern hat eine nette Frau angerufen, die in nehmen würde. Vielleicht hat er ja auch keine Lust auf die.

Auch sonst allerorten Zipperlein. Ausser ich.

Unterwegs

Wie ging das eigentlich nochmal ohne Internet? Flüge buchen, mit Gugelmaps Unterkünfte direkt an der Küstenlinie finden, mit Streetview die Gardinen und die Fassadenfarbe betrachten, die Webseiten sowieso. Busverbindungen raussuchen. Züge. Wenn man nur vier Tage Zeit hat (ja, ich weiss, ein Irrsinn, aber ich nehme was geht) und ohne Auto reist , kann man sich schlecht treiben lassen. Finde ich. Da muss man schon alles ein bisschen vorbereiten.

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Früher war mehr Zeit. Da sind wir einfach losgefahren. In London in einen Bus gestiegen. Nach Schottland. Haben die Fähre nach Nordirland genommen. Woher wussten wir das alles? Was wann wo wegfährt? Aus Büchern?

Mit dem nächsten Bus durch das verbarrikadierte verstacheldrahtete Nordirland. Belfast. Straßensperren, runtergelassene Rollläden. Irgendwo ausgestiegen. Daireann auf der Strasse kennengelernt, mit auf Partys geschleppt worden, auf Klappsofas übernachtet. Mehr schlecht als recht per Anhalter weiter, damals waren irische Autos voll bis auf den letzten Platz, selten hat uns einer mitgenommen. Sind wir halt zu Fuss gegangen. Was kenne ich von Irland? Einfallstrassen. Ausfallstrassen. Wo war ich nicht? Zum Beispiel in Slieve League, weil alle nur bis zur Kirche fuhren, ein paar Jungs haben uns dann zum Strand mitgenommen. Mit dem Auto bis an die Wasserkannte, Box aufs Dach, Krach an und Bier auf. Lustig. Aber nicht sehr sehenswert. Anderer Plan: Inishbofin. Abends geknickte Rückkehr nach Galway. Irgendwann haben wir aufgegeben. Sind in Galway geblieben. Galway kenne ich gut. Später mit dem Bus nach Dublin zurückgefahren. Und heimgeflogen. Drei Wochen Irland

So, diesmal ordentlich und erwachsen. Und mit Internet. Vier Tage.
Dass da auch alles flutscht. Aber bitte trotzdem mit Abenteuer. Ts.

Good Days

Baltikum UND Kerry. Yippieh! (Hoffentlich geht hier alles glatt.)

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Die Greisin ist mit bis runter zum Teich und wieder rauf gelaufen
(das ist, nunja, weit und steil). Und sie hat ein bisschen geschlafen heute nacht. Der Homöopathie sei Dank. Oder so.

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Ich habe den Fussschalter wieder zusammenbekommen.
(ok, das war nicht so schwer).

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Den Schwur gebrochen und gestern ein Paar sensationell reduzierte Stifeletten gekauft. Wofür werden Sie rechzeitig erfahren. Ist aber nicht wichtig.

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(Das erste Mal???) bei McDrive. Wegen eines kleinen Mineralwassers.

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Ich geb den Miezer nicht mehr her. Meinen Augenstern. Was ja klar war.
Er kann aber auf keinen Fall Theodor heissen. Was anderes mit T muss her.
Der Hund will ihn immer noch essen.

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Der Igel ist durchgebrannt und nur zufällig entdeckt worden. Ein Glück. Besser als eine staubige Hülle im April, verhungert und verdurstet. Ich wähnte ihn im Tiefschlaf. Gehege ausbruchsicher gemacht.

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Der kaputte Fernseher ist abtransportiert. Musste an Al Hansen denken, übrigens der Opa von Beck, als das Riesending in den Container krachte (jaja, kein Vergleich zu einem Klavier vom Dach, aber immerhin). Es schmerzt mich, nicht die Glotze, sondern wieder was wegwerfen, das man angeblich nicht reparieren kann. Willkommen, Leben ohne TV! Und ohne Empfehlungen!

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Herz gelüftet und diverses Beleidigtsein entsorgt. Tirili.

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Wollten Sie doch alles wissen.

Ein Aufstand gegen die Sterblichkeit

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Also, ich bin ja nicht gerade ein Fän von Herrn Precht, aber nachdem mich dieses Thema unermüdlich beschäftigt, (ich behaupte zum Beispiel, meine letzte Beziehung ist an meiner Krankheit gescheitert, oder auch die Sache mit der Demenz) möchte ich diese großartige Sendung verlinken, aus der ich nicht müde werde zu zitieren, Richard David Precht und Juli Zeh: Der getunte Mensch, seit ich sie im April gesehen habe. Ein seltener Fernsehglücksmoment.

Ich fasse wie immer hier nix zusammen, weil ich das nicht kann, denn ich finde, die beiden sagen alles sehr gut, was zu diesem Thema gesagt sein muss. Natürlich ist das total einseitig, so heißt es: Die Hauptmotivation für Körperkult ( ich glaube, die beiden meinen damit vor allem Sport) ist nicht Freude sondern Angst. Tatsächlich gibt es Menschen, und nicht so wenige, die wirklich Freude an Sport haben. Und das damit einhergehende Formen des Körpers ist bis zu einem bestimmten Grad nicht verwerflich. Dennoch kann man die eigene Motivation nochmal überprüfen. Mir sprechen die Herrschaften jedenfalls aus tiefster Seele. Und erläutern vieles, was ich in meiner Umgebung beobachte: Die Angst, Fehler zu machen. Die Selbstoptimierung. Den Kontrollzwang. Die Abwehr sogenannten defizitären Lebens. Muss immer alles gesund sein. Und bloß nicht neben der Norm. Schlank. Sportlich. Aktiv. Sexy. Gehört so.

Jedoch: Glück und Wohlbefinden gehen nicht einher mit körperlicher Gesundheit.
DAS war für mich eine große Erkenntnis. Die mein Leben verändert hat. Bis heute verändert. Und mir viel Angst nimmt.

Und wenn wir schon dabei sind, noch ein kleines Highlight. Über den Unterschied zwischen alleine und einsam sein: Bambule. Mit Sarah Kuttner, zu der ich aus Gründen ein sentimentales Verhältnis habe. Also eigentlich zu ihrem Vater (ja, ich weiss das mit der Stasi). Ist durchwachsen, sind aber ein paar schöne Gedanken drin.

Alles fliesst

Ist doch verrückt, da belatscher ich seit Jahren alle wegen einer kleinen Reise ins Baltikum und keine beisst an. Vorgestern telefoniere ich mit der K. wegen unserer Bullitour durch Wales (ja, das habe ich echt mal beim Zahnarzt in der Bri*itte gelesen, die Idee ist trotzdem wundervoll), da sagt sie glatt, naja, sie hätte ja nicht so viel Zeit dieses Jahr, wie wärs denn mit Riga? Juhu, mein Jubeln war bestimmt bis zu den Nachbarn zu hören, und das will hier was heissen.

Nur Stunden später ruft die beste Freundin an, wegen eines Jobs, den wir zusammen machen, es gibt da jede Menge Basenwirtschaft, und im Schlusssatz teilt sie mir mit, sie gedenke, mit mir zu verreisen, an Himmelfahrt könne sie sich das erste Mal seit Jahren Frau und Kind entledigen, wie wär es denn mit dem Baltikum? Aaaahhh. Die K. war wegen Reisekram schon letztes Jahr beleidigt, ich musste viel Süssholz raspeln. Ansonsten ist es prima mit ihr zu unterwegs zu sein.

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Die wunderbarste aller Reisepartnerinnen ist jedoch die beste Freundin. Wir waren schon wochenlang unter schwersten Bedingungen in China unterwegs (sie ist eine Sinologin, ein Glück, da gabs noch keine Umschrift oder andere Ausländer), wir haben mit Anfang Zwanzig vergeblich versucht, durch Irland zu trampen (ihr Haar war blau, meins lila) und sind wochenlang in Galway gestrandet , haben einen Mietwagen auf spanischen Schotterpisten zu Brei gefahren und sind in der Zeit verloren gegangen. Und so weiter. Und haben auch in den heikelsten Situationen selten die Nerven verloren. Und trotz allem viel zu lachen und uns zu erzählen, auch nach 36 Jahren

Was mach ich denn jetzt? Mit beiden zusammen geht auf keinen Fall.

Ins Baltikum will ich schon hunderte von Jahren. Und jetzt ist auch noch Riga Kulturhauptstadt. Seit der Schimanski mich auf bezaubernste Weise tagelang in einem geliehen braunen Opel durch sein geliebtes Ruhrgebiet chauffiert hat (und jetz will ich aber noch …, und können wir da noch …, ist doch bestimmt nicht so weit?),

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und ich die Comiczeichnerin nicht in Marseille getroffen habe, aber dennoch hingerissen war von dieser wilden Stadt, habe ich das als eine persönliche Tradition ausgerufen. Nicht dass ich von dem Kulturdings irgendetwas in Anspruch genommen hätte. Aber das ist doch ein prima System. Fahr ich einfach immer dahin wo Kulturhauptstadt ist. Ab jetzt.

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Und nach Vilnius muss ich auch, wegen des wundersamen Herrn Maciunas, an den ich vor vielen Jahren mein Herz verlor (noch einer). All life is art – in Vilnius at least. Nur mit wem? Knifflig. Das sind Sorgen (nicht, dass es keine echten gibt.)

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Vielleicht frag‘ ich einfach den Schimanski, der ist heute aus der Versenkung aufgetaucht. Ungefähr so.