Archiv der Kategorie: Früher war alles besser

Was weg muss muss weg

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Ich weiss nicht, wie lange ich schon versuche, mich dagegen abzuhärten. Kaum Fortschritte. Eher gar keine. Es bricht mir das Herz.

Beim anderen Haus angerufen. Noch drei Wochen. Ich glaub, ich nehme nur die Rosen. Und die Hortensien. Und den Lavendel. Ach, wenn nur jemand anderes.

cucina casalinga

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Beim Rechneraufräumern habe ich einen Link gefunden, den ich mal aufgehoben hatte: Über die Touristische Auferstehung von Calstelfalfi. Interessant fand ich das, weil ich, ganz in der Nähe dieses rätselhaften Dorfes meine ersten Wirsindjungundwildundfahrenmiteinemschönenaltenautodavonurlaube verbracht habe. Drei oder vier. Mit dem Strich-Achter. Damals haben wir uns gefragt, was es mit diesem seltsamen leeren Ort auf sich hat. Erst jetzt, in diesem taz-Artikel findet sich eine Erklärung. Zwei italienische sogenannte Investoren sind bei dessen Umbau zum Luxusresort bereits pleite gegangen, jetzt versuchen es die Deutschen. Wie man auf der Webseite sieht, sind sie jedenfalls noch immer dran.

Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits traurig über die Erweckung. Damals gab es dort nur noch wenige Leute, viele Häuser waren von Menschen verlassen und von Eulen bewohnt. Für mein Gefühl die schönste Gegend der Toskana, rauh, karg, leer, mit ein paar lässig hingeworgfenen Pinien auf den dürren Hügeln. Zwischendurch ein verfallenes Haus mit ehemals beeindruckender Zypressenallee. Urlaub, den ich mit einem dreiwöchigen Fabrikjob lässig finanzieren konnte. Niveauschalter für Waschmaschinen. Akkord.

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Andererseits freue ich mich natürlich, dass es da wieder Perspektiven gibt. Arbeit. Geld verdient wird. Und das nicht alles restlos zu Staub zerfällt. Oder nur Schweinemastbetriebe gebaut werden. Davon gibt es nämlich schon sehr viele.

Ich hab dann natürlich noch unsere damaligen Vermieter gegugelt: Eine ganz normale Bauernfamilie. Wenn man durch den bunten Plastikvorhang in die große Küche kam, um den Hausschlüssel in Empfang zu nehmen, wurde man von der Mama an den riesigen Busen gedrückt, es gab eine kurze fröhliche Unterhaltung mit Händen und Füssen und gleichzeitig wurde in einem Topf Sugo gerührt, der auf dem Herd köchelte. In der Ecke über dem Esstisch dudelte der ewige Fernseher.

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Toskanisch pittoresk war damals eigentlich nix ausser der Natür. Die Wohnungen waren mit Übriggebliebenem ausgestattet, die Matratzen alt, manchmal auch bewohnt, die Bettgestelle quietschten. In der Küche das schillernde Bild eines silbernen Pudels neben dem gemauerten Kamin. Aber der selbstgemachte Pecorino. Das Olivenöl. Der Wein. Der war nicht so dolle (aber darum ging es ja auch nicht). Rot noch etwas besser als Weiss. In großen Flaschen mit Plastikgeflecht drumrum, nix Bast. Alles für wenig Geld, einmal übern Hof, und dann mit Armen voll geschenkter Tomaten heim, die allein schon eine Reise wert.

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Wenn man ums Haus streifte, fand man Stachelschweinstacheln. Oder sich Auge in Auge mit einer Schlange, von der man hoffte, dass es keine Viper ist. In jede Richtung ein gemalter Blick. Farben von Umbra bis Siena. Abends Apero in San Gimignano, das man für sich allein hatte, wenn alle Busse abgefahren waren.

Heute gibt es ordentlich eingerichtete Wohnungen, einen eigenen Pool und hübsch verpackte Produkte. Zum Hof gehört ein kleines Restaurant mit cucina casalinga für die Hausgäste. So wie ich mir das für hier auch vorstelle. Nebenan in Castelfalfi kann man ein grundsaniertes Mittelalterappartment für 250.000 € kaufen. Und golfspielen. Ach Gentrifizierung.

AAAAAAAAAAHHHHHHHHHH

Wenn ich heute noch eine Email bekomme, in der zum dritten Mal NICHT steht, was ich präzise in meiner ersten und zweiten Mail fragte bzw. erklärte, dafür erneut Fragen gestellt werden, die ich bereits in meiner ersten bzw. zweiten Mail präzise beantwortet habe und sämtliche mich umgebende Personen (nicht die Greisin) in einem Ausmass unkonzentriert sind und/oder nicht zuhören, werde ich mich den restlichen Tag in meinem Gemüsegarten einschliessen oder einen umbringen. Ich hab auch schon einen Ahnung, wen.

HINHÖREN! HINLESEN!
IST DAS VERDAMMTE SCHEISSE DENN SO SCHWER???

Platt, demnächst

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Hier entstehen Stadt- und Seenahe Eigentumswohnungen. Der alte Krempel muss weichen. Ich hab heut da angerufen und gefragt, ob ich die Rosen und die Haustüre kriegen kann. Kann ich. Alles, was ich will. Immerhin bleibt so ein bisschen. Und wird in Ehren gehalten. Woanders halt.

Tag und Nacht

Nächtens sorgenvoll aufwachen aus forstwirtschaftlichen Träumen, nicht mehr schlafen können und über das Eschensterben nachlesen. Vom Eschensterben zum Erlensterben geraten, zum Ulmensterben sowieso. In der Frühstückszeitung erfahren, der Kuckuckbestand sei in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent zurückgegangen. Dann Schreibtischarbeit, zwei Banner über hilflos ambitionierte Massnahmen gegen den Klimawandel, zudem gestern und heute die Veranstaltungen über die Bemühungen zum nachhaltigen Anbau von Kakao und Palmöl. Gegen Ausbeutung und Hunger. Die hässlichen im Streit gesprochenen Worte dazu als Echo im Ohr. Alles für den Arsch. Da ist eh nix mehr zu machen.

Den Gedanken wagen, die Welt sei nicht mehr zu retten. Dem großen Ganzen nichts entgegensetzen können. Keine Demo. Keine Wahl. Keine empörten Postkarten ins Umweltministerium. Oder Spenden an Ärzte ohne Grenzen.

Nur alles mein Privatvergnügen. Die Freude über das Salomonssiegel, das Zweiblatt, das Tausendgüldenkraut. Das Landkärtchen, den Schillerfalter und den Russenbär. Nur für mich. Irgendwann bin ich tot, dann kommt einer und sprüht überall Roundup wegen Unkraut oder baut eine Schweinemastanlage. Scheiss drauf.

Also die Greisin vor Unbill beschützen, den Hummeln essen anpflanzen, mit den Möhren sprechen, sich um die Kirgiesen kümmern, alles weiter. Aber. Ohne Welt retten. Hab ich heut geschluckt. Gut gemacht sag ich zu dem Vogelkind, das auf dem Dach notgelandet ist, da kommt der Mörderkater selten vorbei, kannst ausruhen. Als ich wieder schaue, ist es fort. Ungegessen.

Ich zupf noch ein bisschen Unkraut in meinem biologisch-dynamischen Gemüsegarten. Nur für mich. Bald gibt es Radieschen.

Und übrigens, Blumfeld hat sich wiedervereinigt. Das passt ja.

Leichen

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Bekanntlich war früher alles Besser. Zum Beispiel Eb*y. 2005 bin ich da beigetreten und habe direkt für gutes Geld allerhand Überflüssiges verscherbelt. Und dabei lustige Korrespondenzen geführt. So schrieb mir beispielsweise Herr R. aus L.: Meiner Frau gefaellt die Vase ausnehmend gut, also bin auch ich als Ehemann sehr zufrieden, obwohl wir schon eine Vase besitzen (diese Mail kam mir unter, weil ich wieder etwas Hausrat veräußern will, und deshalb was im Eb*y-Ordner nachschauen musste). Ein paar Geburtstagsgeschenke, keins von diesem Jahr (ich habe dieses Jahr GANZ TOLLE Geschenke bekommen), obwohl lustigerweise gleich dreimal diese Zeitschrift Fl*w dabei war. Vermutlich mangelt es mir manchmal an demselben. Oder ich klage zu viel.

Da bekanntlich früher nicht alles besser war, wurde ich über die Jahre mit ein paar Dingen beglückt, an denen ich weniger Gefallen finde. Ich glaube, mich zu beschenken macht keinen großen Spass. Zum einen kaufe ich Sachen einfach selbst, wenn ich meine, sie zu brauchen, zum andern ist mein Geschmack sehr speziell und kompliziert. Also dieses Handtäschen zum Beispiel. Ist von einer teuren Marke. Jetzt befiehlt das Internetauktionshaus, ich solle, um solch ein erlesenes Designobjekt zu verkaufen, bitteschön mein Payp*lkonto verifizieren. Was zum Tefel für ein Payp*lkonto? Ist es zu fassen? Da ist man all die Jahre ohne so einen bescheuertes Kram ausgekommen und nun soll man eines eröffnen, um was zu VERKAUFEN? Grmpf.

Viel wichtiger als das ist aber, dass es ein Lebenszeichen vom Schweinigel gibt. Ich hatte den nämlich nach draussen umgesiedelt, er war darob sehr verdattert und erstarrte. Und ich sorgte mich tagelang. Jetzt hat er aber gegessen und gekackt und ich bin etwas beruhigt. Er ratzt nun wieder.

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Zumal wir gerade allerhand Verluste zu beklagen haben. Das ist wohl eine Goldammer. Die sich das Genick gebrochen hat. Die Gesellen oben hatten es zu trocken. Und ich kam zu spät. So was Blödes.

Aber ich finde

Überhaupt sollte man Vieles derzeit viel mehr ins Leere laufen lassen schreibt der Schneck. Ganz genau. Ich mag das alles gar nicht. Das dumme Geschwätz der Lewitscharoff (von der ich nur den Apostoloff gelesen habe, hat mir der F. mal geschenkt, hab mich seinerzeit sehr amüsiert. Tja, vorbei.). Und auch die vielen Meinungen zu Herrn Hoeness, überhaupt, fand ich immer gut, eine Meinung zu haben, seine Meinung zu sagen, geht mir aber gerade wahnsinnig auf die Nerven, diese vielen Meinungen zu allem. Noch schlimmer, die ganze Aufregung, Giraffenbabys, Hühnerfedern auf der Mütze, Feminismus, Bayern München. Der Neid, die Häme, die Missgunst, Kleinkariertheit, Schadenfreude, Verklemmtheit und Intoleranz, alles schön verpackt in Meinung. Ja klar, ist auch eine Meinung. Soll jeder sagen dürfen. Gibt eine Menge Platz dafür. Ich finde gerade nicht. Es sollten vielmehr mal alle eine Weile den Rand halten. Und den Blumen beim Blühen zuschauen.

Und jetzt haben sie hier das Swingerschiff verboten, denn Swingen im öffentlichen Raum, das geht zu weit. Ja, wo kommen wir denn dahin, wenn jeder plötzlich im öffentlichen Raum swingen würde? Ich bin natürlich auch der Meinung, das solch unanständiges, mutmasslich kriminelles Treiben auf unserem reinen Bodensee nichts zu suchen hat. Das hat doch nix mit Tourismus zu tun. Pfui.

Und jetz schau ich weiter den Blumen beim Blühen zu. Auch wenn die sich ein bisschen mehr Mühe geben sollten. Meine Meinung. Und bunter auch. Und mache weiter mit was der Schneck empfohlen hat. Haben Sie ja aber sicher schon gemerkt. Wird hier eher noch langweiliger.

Reisefieber

Erst einen umgebracht oder jedenfalls schuld und verwickelt gewesen.
Dann eine Konferenz besucht und von Sigmar Gabriel angebaggert worden. Er wollte mich zum essen einladen. Aufgewacht bevor ich mich entschieden hatte.

Gleich geht es los. wieder ins Markgräfler Land. Aber nicht zum trinken.

Süperjübiläüm

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Ein Jahr. Ein Jahr heute! Wer hätte das gedacht. Ich nicht.

Weg aus der großen Stadt, rauf auf dem Berg. Und dann ohne den F. sein. Der F. und ich haben sehr viel miteinander gestritten gesprochen. Wenn wir weit auseinander waren, haben wir telefoniert. Stundenlang. Eines Tages wollte ich nicht mehr mit ihm sprechen, wie es dazu kam ist eine lange, komplizierte und hässliche Geschichte, die entweder andermal oder gar nicht erzählt werden wird. Ist eh nicht so interessant. Nicht mehr.*

Jedenfalls saß ich plötzlich fast allein hier oben im Wald, in der Nähe die Greisin, die eine sehr kurzweilige Gesprächspartnerin ist, aber eben auch noch meine Mutter (da gibt’s ja auch unpassende Themen), Hund, Pferd und Käter sind eher wortkarg, und die Lieblingsnachbarn, die ich keinesfalls missen möchte, sind dauernd nach Kirgistan verreist.

Kann man ja mal wieder ein bisschen in dieses Internet reinschreiben, vielleicht liest das wer. Und sagt was dazu. Hab ich mir so gedacht. Das waren dann so zwei, drei. Sehr viele mehr sind es noch immer nicht, das macht aber nix. Den ersten Kommentar hat Herr Kid geschrieben. Das war toll und hat mich besonders gefreut, denn den kannte ich ja schon lange. Den zweiten meine Freundin Annemarie Krabke, eine der wenigen Eingeweihten.

Und kurz danach hat Frau Faust das erste Mal kommentiert. Ich hab zwar Jahre viele Blogs verfolgt, aber ihres kannte ich nicht. Ich habe fasziniert Stunden dort gelesen. Viele Gemeinsamkeiten festgestellt. Liebe Eugenie, DU bist meine große Blogentdeckung. Du hast mir viel Mut gemacht, auf allen Ebenen. Ich vermisse Dich. Ich hoffe, Du bist gut aufgehoben.

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Für mich war es meist ein gutes Jahr, zumindest im ersten Drittel. Ich war viel unterwegs, zum Beispiel bei der Documenta und noch mehr daheim, trotzdem sind die Atelierfenster immer noch nicht geputzt. Aber am Samstag fahr‘ ich zum Kunsthandwerken, das wird sicher der Anfang einer großen Leidenschaft. Und/oder unermesslichen Reichtums. Vielleicht werd‘ ich aber auch Dichterin oder gar Sammlerin? Ist ja noch Zeit. Hoffentlich.

Gerade ist es etwas holzig, aber wir werden das schaffen. Jedenfalls freue ich mich, dass Sie da sind. Bleiben Sie mir gewogen.

* Das hier war also ein Liebeskummerbewältigungsblog. Ist es noch manchmal.
Vermutlich noch lange, wie Herr Kid einst unkte.
** Hier sehen Sie die beschriebenen Damen und Herren vereint.