war früher etwas, über das ich nachgedacht habe. Als mir die geschätzte Nachbarin neulich erzählte, wie sehr sie damit befasst ist (woraufhin ich ihr, mal wieder ziemlich taktlos, diesen Link schickte), fiel mir auf, dass das überhaupt keine relevante Frage mehr in meinem Leben ist.
Vor der Diagnose habe ich viel Zeit damit zugebracht, darüber nachzudenken, wie grossartig alles wäre, wenn es nur anders wäre. Und darüber in einem Ausmass unglücklich zusein, welches mir heute völlig unnachvollziehbar ist. Anderen die Schuld dafür zugeben, dass es nicht so war wie es sein sollte. Nach vorne hadern haben wir das mal getauft. Nach hinten hadern gab es aber auch genug. So war ich ebenfalls darüber unglücklich, wie viele falsche Entscheidungen ich in meinem Leben getroffen hatte, insbesondere, was die Männer angeht. Tiefe Liebe und freundliche Absichten nicht erkannt oder verabscheut, Gefühle verletzt oder nicht zur Kenntnis genommen zu haben, zugunsten von unberechenbaren Grobianen usw. usf.
Dann kam der Tag 0.
Danach habe ich viel Zeit damit verbracht, mir auszumalen, wie schlimm alles kommen kann. Was ich alles nicht mehr können werde. Von was mich die Krankheit alles abhalten wird. Dabei hatte ich mich selbst viele Jahre abgehalten, lange vor der Krankheit. Dann habe ich begonnen, sie zu benutzen, wenn ich etwas nicht tun wollte. Meine schlauen Freunde haben das natürlich bemerkt und sich geärgert. Meinem Körper habe ich sein Versagen übelgenommen, und mich selbst als grundlegend beschädigt empfunden.
Irgendwann habe ich mich gefragt, warum ich mich eigentlich so wichtig nehme. Und entschieden, der Sinn dieser ganzen Angelegenheit müsse wohl eher ausserhalb meines Seins liegen. Dann kam der Tag 0,5, die Trennung vom F.
Und in dieser Phase der sehr schmerzvollen Ablösung begann ich mich zu freuen (ja, genau so), ungefähr wie der einfältige Hund. Mich zu freuen, dass ich noch auf einen Berg steigen kann. Mich zu freuen, dass meine Freunde mich lieben und für mich da sind. Mich zu freuen, dass die Mutter so blöde Witze macht. Achtung! Vor Ergriffenheit über die Schönheit der schottischen Küste zu heulen. Überhaupt, mich ergreifen zu lassen. Manchmal wage ich zu hoffen, ich sei endlich im Jetzt angekommen. Und zu der geschätzten Nachbarin hab ich gesagt, ach der Sinn des Lebens, der wär‘ mir Wurscht, ich hätte einfach Freude am Sein. Jawohl.
Und jetzt wenden wir uns wieder den ernsthaften Dingen zu.