Hilf

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Der Trotzki und ich haben heute eine Wallfahrt gemacht. So ein Schmarrn findet der Trotzki (naturgemäss) . Papperlapapp, es bleibt nix unversucht, ich bin schliesslich die Bestimmerin finde ich. Und hab natürlich vom Wunderwasser getrunken.

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Der Hinweg war gar nicht so übel, auf dem Rückweg hat mich glücklicherweise sonst keiner gesehen. Das ist schon zum Heulen und Zähneklappern. Ganz bang wird mir, wenn ich an all die Reisen denke, die ich noch machen muss. Überhaupt. Was alles.

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Und, ja klar, es ginge schlechter. Nur, wenn man so darüber nachdenkt, eigentlich geht es ja immer schlechter, oder? Aber ich bin demütig. Eine echte Herausforderung allerdings sind mir die gutgemeinte Ratschläge: Angefangen mit der Greisin (apropos Wallfahrt) Du weisst doch, diese Frau in Lourdes, die da im eiskalten Wasser gebadet hat, die war dann geheilt. Eiskaltes Wasser. Ansonsten: Hometrainer. Heileurytmie. Makrobiotisch. Oder Bestimmt nur das Alter, ich fühle mich auch manchmal ganz erschöpft. Und ich zähle dann bis zehn. Und manchmal lächle ich. Milde. Und weisst Du, der Dings, der hat Krebs, AIDS, einen Schlaganfall gehabt. Ja. Der Arme. Ganz wirklich. Ich wünsche ihm alles Gute. Mir auch.

Am anderen Ende

Ok. Ist ja bekannt: Das Einzige, das meines Erachtens helfen kann, ist Schönheit und Freude. Also das Notwenige mit dem Angenehmen verbunden und zum Lieblingsrestaurant gereist. Schönheit und Freude heisst ja in meinem Fall nicht unerheblich: Essen. Und Wasser. Super.
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Das Letzte

1. Tag

Früh morgens. Komme runter in die kalte Küche, nachdem ich ab 6 Uhr Korrekturen in der Mikrofinanzierungsbroschüre gemacht habe. Die Greisin sitzt käsig am Tisch. Kein Feuer? Schwindlig sei ihr, sagt sie, und sie sehe alles doppelt. Noch vor dem Frühstück über den Hausarztumweg in die Klinik. Ihr ist bald besser.

Da war Qualm in der Küche, hab versucht noch schnell ein Feuer zu machen, Tür aufgelassen, sind ja gleich zurück. Von wegen.

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Als ich heimkomme: Bombeneinschlag. Die fette weisse Heimsuchung hat den Tisch abgeräumt. Tomaten. Brot. Rote Betehummus. Zum Schluss noch das rosa Maul sorgfältig an der Tischdecke abgewischt. Auf dem Rausweg: Hundetrockenfutter, Katzentrockenfutter, Vogelfutter, Linsen. Bitte keine Kolik, das fehlt noch …

Ausser einer kaputten leeren Bierflasche nur Chaosschäden. Ich muss trotz allem sehr lachen.

Abends Pizza und Rotwein mit den Guten. Sehr erschöpft. Racletteverabredung für den nächsten Abend.

2. Tag

Die Greisin hängt noch immer an summenden Maschinen, ist aber ganz fidel. Ich hab den Hund im Auto, will noch ein paar Schritte gehen, schöne Gegend hier. Komisch, seit wann ist hier ein Berg? Gut, dass da ne Bank steht.

Absage Essensverabredung wegen Erschöpfung.

3. Tag

Greisin auf Normalstation verlegt, ist fröhlich. Ich wacklig.

Abends bequatscht von der ganzen Mannschaft Sternerestaurant in KN, hänge an Bubis Arm. Essen schmeckt.

4. Tag

Greisin darf heim. Ich schwanke. Viel Bett.

5. Tag

Viel Bett.

6. Tag

Mit der Greisin zum Arzt. Icke direkte Einweisung.

7. Tag

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Statt nach Thüringen und Berlin reise ich nach Allensbach. Am selben Tag noch 1000 mg Cortison intravenös.

8. Tag

1000 mg Cortison intravenös. Decke anglotzen. Reicht.

9.Tag

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1000 mg Cortison intravenös. Kann einigermassen geradeauslaufen. Finde, ein Ausflg ins Dorf sei angebracht, wegen Sahnetorte. Auf dem Weg Blümchen gepflückt, was ins Auge bekommen, grosse Aufregung ausgelöst. Mit dem Taxi zurück. Ja, eigentlich weiss das die Chefbotanikerin, dass Wolfsmilch giftig ist. War wohl mit den Gedanken woanders …

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10. Tag

1000 mg Cortison intravenös. Schlapp. Besuch. Schön.

11. Tag

Heim. Wie sehr ich meinen Lebensplan ohne diese beschissenen Krankheit gemacht habe. Die Trotzkirunde geht mit Ach und Krach. Hey, das ist doch was.

12. Tag.

Heute. Jaja. Geht schon. Das muss wieder werden, bitteschön! Ja?

Saligia

Es scheint, es ist wieder Zeit für eine Predigt. Also nehmen Sie sich in acht.

Immer wieder taucht die auf: Die Frage nach dem Sinn des Lebens. Das wurde hier ja schon mehrfach erwähnt, ich stelle die nicht. Vielmehr halte ich die Menschheit für eine unheilbringende, völlig verunglückte aber sehr durchsetzungsfähige Mutation, die sich trotzdem über kurz oder lang (vermutlich eher kurz) selbst ausrotten wird, nachdem sie erhebliche Teile der wundervollen Schöpfung bereits in den Abgrund gestürzt hat. Nun jeh. Zufall, Glück und gute Anpassung. Die Frage nach dem übergeordneten Sinn ist mir ein Rätsel. Und eine Spezies, die sich Vernichtungslager, chemische, biologische, atomare, überhaupt Kriegsführung, Silikontitten und Kaffee zum Mitnehmen ausgedacht hat, hat es nicht besser verdient. Geh unter, menschliches Leben. Ohne Sinn, wie Du auch gekommen bist.

Tatsächlich bin ich, wie hier unschwer zu erkennen ist, gänzlich ungetrübt von jeglicher philosphischer Kenntnis ausser es gildet, dass ich zwei extrem gut benotete Abiturprüfungen über Existenzialismus geschrieben hab. Was man halt mit 19 davon versteht. Dennoch lehne ich mich aus dem Fenster und behaupte nochmal, des vermeintlichen individuellen Sinnrätsels Lösung ist ganz einfach. Geben. Denen die weniger haben. Das sind einige. Lieben. Am besten viele. Verzeihen. Möglichst. Sehr schwer, wer weiss das besser als ich. Seiner Umgebung und sich selbst das Leben so angenehm wie möglich gestalten. Jaja, da waren wir schon mal: Die Spielräume sind unterschiedlich (um so mehr lohnt es sich, sie auszuloten). Und dabei möglichst wenig Schaden anrichten. Sich Zeit nehmen für Schönheit. Freude. So gut es geht.*

Und im ganz Profanen: Es treibe Sport, wer Sport mag, es ernähre sich gesund, wem gesunde Ernährung wichtig ist, es nehme Drogen, wer das Leben im Rausch besser ertragen kann. Und keiner behellige bitte die andere damit, was er für richtig hält. Jetzt. Ist das Leben. Und hier ist Westen. Und Frieden. Ach, noch ganz wichtig: Kein Neid, keine Missgunst. Völlig überflüssig: Nichts ist, wie es von aussen erscheint. Kein Gold. Nur Botox und Zirkonia.

Und ich geh jetzt ein bisschen heulen, weil ich seit gestern weiss, wie es in einer staatlichen Flüchtlingsunterkunft aussieht. Das in vielen Fällen noch so viel besser ist, als was man im fernen Zuhause zurück liess. Alles verloren.

Und vor Berührung.

Und weil ich so über alles priviligiert bin. Nach drei Stunden einfach heim gehe, doll zu Abend esse, ein Glas Wein trinke, ein bisschen Zeitung lese und dann in mein riesiges frisch bezogenen Bett schlüpfe. In einem meiner riesigen Zimmer. Und Sie?

Meine Fresse.

(Wie in der Fl*w jetze hier. Müssen wir durch).

* Und, klar. Ich spreche hier nicht von den armen, unterpriviligierten, arbeitslosen, kranken, einsamen Menschen, von denen es auch hier so viele gibt. Sondern von zu uns mir.

Right now

Zum dritten Mal. Via die verehrte Kaltmamsell.
Hätte ich sonst vergessen. Schon wieder ein Jahr rum.

Ich lese … so wenig wie niemals zuvor. Nachdem ich viele Jahre lang ein zwei ordentliche Bücher in der Woche gelesen habe (wovon ich noch immer zehre), bin ich zu Krimis übergegangen, von denen ich ein bis vier die Woche gelesen habe, dann habe ich es kurz mit den ebooks versucht, das war dann aber schon nix mehr. Das Elend hat mit der Diagnose und dem Ifon angefangen: Beides schlägt sich immens auf meine Konzentration. Ja, also elektrische Zeitung und Befindlichkeiten im Internet lese ich noch immer. Viel.

Ich trage … eine alte kaputte Jeans und einen (sehr löchrigen sehr dreckigen) schwarzen Wollpulover. Es gibt ihn immer noch. Vor einem halben Jahr wollte ich ihn wegschmeissen und habe festgestellt, dass man ihn noch identisch kaufen kann. Bei einer französischen Herrenmodefirma. Ihn im Internet bestellt. Was soll ich sagen. Es ist nicht das gleiche. Ich habe den alten behalten. Der neue kratzt und wird nur in Notfällen getragen.

Ich habe … mal wieder Kopfschmerzen. Seit dem plötzlichen Tod der Freundin im Juli trage ich mich mit dem Gedanken, doch mal zum Arzt zu gehen. Och ne.

Ich höre … die Festplatte meines Rechners. Sollte wohl mal einen neuen kaufen. Das wiederstrebt mir. Dieses System, dass alle Programme immer größer werden (nein, ich brauche die wenigsten von diesen Superfeatures) und einem alles dichtmachen, so dass man allein deshalb alle paar Jahre einen neuen Computer anschaffen muss.

Ich trinke … Suser. Zu Zwiebelkuchen.

Ich esse … was mir Spass macht. Nur nach am Wochenende Fleisch. Dann aber mit großem Vergnügen.

Ich stehe … schlecht auf einem Bein. Wobei es besser geht, wenn ich übe. Ich übe aber nicht.

Ich gehe … nicht direkt wacklig, aber ich falle öfter mal hin. Neulich darüber nachgedacht, wie das erst mal im Alter werden soll. Wenn ich jetzt schon anfange. Apropos, die Greisin hat die Eitelkeit besiegt und sich sich für eine Rollator entschieden.

Ich lache … immer noch, wenn ich dran denke, wie das Patentkind sich gestern gar nicht mehr eingekriegt hat, als wir zusammen das TH geübt haben. Es lernt jetz Englisch. Mr. Kapoor lives over the thop. Äh. Shop.

Ich sehe … heute nachmittag wie die Flüchtlinge hier wohnen. Denn ich habe endlich einen Kontakt bekommen. Bin gespannt. Was ich tun kann.

Ich mag … meine Arbeit gerade wieder. Hoffentlich hält es noch ein bisschen.

Ich schreibe … das meiste nur im Kopf grad. Da jede Menge.

Ich weiß … sehr viel überflüssigen Kram. Den ich leider zu selten für mich behalten kann.

Ich möchte … beweglich bleiben. Klappt so mittel.

So das war jetzt für mich. Das hatte ich überhaupt unterschätzt, wie gut so ein Blog zum nachschlagen funktioniert.