Archiv der Kategorie: Liebe

Spät dran

reflexe
[… ]
Möchte ich bei Dir sein
Zeigst mir das Land wo wir gehn
Von See zu See da braucht es
Ein langes glückliches Leben
Die Fische sind zwei
Die Vögel baun Nester wir
Stehn auf dem selben Blatt
© Sarah Kirsch

Hat mich oft getröstet. Machs gut.

Hut, Alter

Nicht zu verstehen. Es heisst nicht, als ich das Haus verliess, morgens, an dem Tage, als der Alte starb, nach langer Krankheit, und ich von Dir verlassen wurde, diesmal für immer, an diesem verdammten Tag, dessen morgendliches Zwielicht an meiner Stirn kondensierte, als sei ich ein Küchenfenster. Hinausgejagt in die Frühstückshölle.

Nicht das Nachmittagsgeplänkel, Herr von Krassow, küss die Hand, Gnädigste, ein Freund des Hauses, ein Freund des Hausfreundes, um mich auf dem Rücksitz seines lächerlichen Sportwagens zu vernaschen. Nicht der dreiteilige Anzug, dessen Jackett an den Schultern spannte, die Sommersprossen, die Entscheidung zur stationären Behandlung im Grünen mit Seesicht, auch nicht die dicken gelben Kirschen, die abgelutschten Kirschkerne, mit denen wir uns bespuckten, die Beschimpfungen die folgten, bis hin zur Handgreiflichkeit. Und ernsteren Verletzungen.

Nicht zu verstehen. Es sei der Tag gewesen, sagst Du, an dem es anders roch im Treppenhaus. Als sonst.

Mal wieder was gesucht. Das gefunden. Passt für heut.

Starke Böen

Wie gehts frag ich arglos, von der Erkältung wissend, und höre von Trennung, von Auszug und davon, dass sie kurz darauf die Mutter tot in deren Badewanne fand. Ach sag ich, denn im Trösten bin ich nicht besonders, dann komm bald (im Päppeln eher). Ja sagt sie und schluchzt ein bisschen, aber Päppeln habe sie nicht nötig, sie sei Maschinenbauingeneurin, sie schaffe alles ganz alleine, schluchzt sie, aber segeln, das wär was.

peter02
Montez Senior und seine Geliebte

Ja sag ich. Segeln, das ist gut. Und höre gleich die Greisin im inneren Ohr, die findet, wir sollten wir das alte Ding mal endlich abschaffen, und mich, neeeeiiin, bestimmt kommt bald ein Prinz und freit mich und meinen ganzen alten Plunder, ein Segler, Boostbauer (aus Holz und immer undicht), einer der Zaunpfähle einschlägt und mir manchmal auf die Finger (usw.), ein Bauer, ein Pianist und Bücherschreiber, lauter sowas.

Ja, das ist gut, der alte Montez würd sich freuen, wenn er wüsste, zwei Damen segeln und sehen hübsch aus und können alles ganz allein (da wäre er ungläubig). Und dann schluchzt sie noch ein bisschen und ich nicke. Machen wir. Hat doch alles seinen Sinn (die Greisin freut sich auch).

Und in nächtlichen Träumen immer noch den falschen Mann zu küssen.
Ist das denn zu fassen? (Nein, das ist das Fieber).

Baden

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Lauwarme Duschen statt heisser Quellen. Spielt keine Rolle mehr. In der Bar des vergangenen Grand Hotels auf wankenden Barhockern, der Versuch ein bisschen Wärme mitzunehmen, Wodka für innen, Zentralheizung für aussen. Ein Klo mit Brille, sauber genug zum Draufsitzen, alles ist besser als die Rinne, in der alles sichtbar fliesst, was von denen weiter hinten kommt. Wer will so was wissen. Runter zum Rest vom Fluss, meine Hand in deiner Manteltasche, klamme Finger, die andere eisig die Zigarette haltend, dem Rauch nachsehen zum Berg hin und sich erinnern. Kein Satz mit aber, mit immer. Oder vielleicht nicht beide zusammen. Gar kein Satz. Essen statt Lieben, Ente, das magst Du doch, ohne Knochen, fünfzehn Quadratmeter, Bier auf Wodka, die Beleuchtung, Aschelicht sagst Du, passt. Unsicheres Gestolper, die Seile sind brüchig wie die Planken morsch und ich fange an zu schaukeln in der Brückenmitte, nicht nach unten schauen, das alte Programm.

Fünf kleine Kerzen, mehr gab es nicht zu kaufen, Plastikschüsseln voll mit heissem Wasser. Zum Schlafen alle Kleider angelassen, mit Kapuze. Der Morgen im Nebel. Heiliger Berg.

Schwimmen

ampool

Wir hatten den Montag verloren, einfach verloren in der Kälte zwischen den Müllhaufen am Strassenrand und den Schlaglöchern, in die der Bus fiel, um uns zu wach zu halten. Den vom Unrat unsichtbaren Flüssen, die nicht mehr fliessen können. Es war nichts, wie wir es uns vorgestellt hatten, und das letzte Lachen blieb uns im Halse stecken, während ich zusah, wie wir herumtrampelten und den Rest Zauberei planierten, dachte mir, dem Erdboden gleichmachen, dann ist endlich Ruhe. Wir werden das vergessen, mein Herz, die Kälte, den Lärm, das wird sicher eine Partyerinnerung, kein weisst du noch für uns, denn ich werde nicht hören, wenn du davon erzählst. Von den dunkelroten Samtvorhängen über der Heizung, der bollernden, den Ranken wilden Weins, die in das geöffnete Fenster wehten, während wir unsere Stricke knüpften. Dem Mann, der die Wäschebündel so trug, wie man hier schon vor tausend Jahren etwas trug, eines links, eines rechts, geknotet an eine Stange über der Schulter. Ich werde nicht sehen, wenn Du einen Schluck aus deinem Glas nimmst, die Mundwinkel lässig herunterziehst bevor Du weiter sprichst, nach einem tiefen Räuspern.

Klopft leise auf den Tisch, nur mit den Fingerkuppen, oder schiebt die Asche zusammen, im Aschenbecher zu einem Kreis. Gute Choreographie, wie immer, eben ein Mann von Welt.

Ich war gestern in der Zeitung

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© Tom, TAZ. Ich finde, ich bin perfekt getroffen.
(Beim Okay geht die Stimme hinten so langgezogen hoch)

Mit dieser Liebkosung muss ich wohl mich beeilen, angeblich werden es am Dienstag 8 Grad. Nix mehr Schnee, und das gerade, wo ich meine Angst vor dem Lamborghini in den Griff bekommen habe. Allerdings hab ich unlängst die Haselnussaugen aufgerissen und dem Lieblingsnachbarn erklärt, dass diese Höllenmaschine einfach ausgegangen ist (obwohl ich gerade Sprit nachgefüllt hatte) und ich sie nicht mehr angekriegt habe. War in grosser Sorge, etwas Grundlegendes zerstört zu haben. Tatsächlich war aber nur wieder das Benzin alle (zu zaghaftes Nachfüllen). Ich hasse diese Mädchensituationen.

Und Abends bekam ich diese SMS aus Indien (?):
00001

Heisst das:
Cheri(e), j’ai peur d’aborder aucun sujet avec toi, veux pas de malentendu entre nous.
Il y a ce que l’on veut et (il) y a la réalité qu’on doit assumer. Tu m’aide, tu me soutiens.

Ist es gefährlich? Soll ich vielleicht zurückschreiben?

Island, ich komme!

Aus pekuniären Aspekten kann ich Krankheit und Trennung nur empfehlen.
Gerade beim Steuerberater gewesen, bekomme eine stolze Summe vorrausgezahlte Einkommenssteuer für 2011 zurück. Hat alles sein Gutes (?).

~

Der Versuch sich einzureden, die Unterstellung, anderer Menschen Leben verlaufe bilderbuchmäßig, sei idiotisch.
Schon klar, schlimmer geht immer.