Er

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Ist immer das Gleiche. Ich will über etwas Wichtiges schreiben, und vor lauter Ehrfurcht vor der Wichtigkeit blockiert alles.

In diesem Fall voll ok, denn es scheint ein Sturm im Wasserglas gewesen zu sein.

M. hatte einen syrischen Freund in F. besucht. Wieder zu hause, befahl er seiner Familie einen baldigen Umzug, denn in F., einer Großstadt in der Mitte Deutschlands gebe es sicher Arbeit für ihn.

Esra übersetzt wie verrückt bei den neu ankommenden Flüchtlingen. Sie liebt ihren Sprachkurs (29 von 30 Punkten), sie liebt es zu lernen, ihre inzwischen zahlreichen deutschen Freunde, das Leben auf dem Dorf, wo man sich kennt und hilft. Und ja, sie wird zurückgeliebt. Sie erklärt den Neuen, wie wir in Deutschland leben, dass wir den Müll trennen, zweimal Mal am Tag die Zähne putzen und keine Wäsche aus dem Fenster hängen. Ich hab mich fast an meinem Börek verschluckt, als sie mir das erläutert hat. Sie ist im Kindergartenelternbeirat.

Ibrahim will in diesem Jahr Hänsele werden, auch die Mädchen freuen sich doll auf die Fasnacht. Er hat vorraussichtlich eine Lehrstelle nach der Schule.

Die mittlere spielt Fussball und Flöte mit flammender Begeisterung. Den Unterricht müssen sie nur anteilig bezahlen, denn Esra schneidet dem Musiklehrer die Haare. Sie liebt die Schule, ihre Lehrerin und ihre Freundinnen. Die Bücher. Den Wald. Und den Trotzki (diese Liebe ist allerdings bisschen einseitig).

Die Kleine fängt langsam an zu sprechen. Hat weniger Alpträume. Geht ab Februar ins Ballett. Und lächelt endlich.

Alle vier wollen absolut nicht weg. Aus ihrer schönen Wohnung. Von der Schule. Sport. Freunden. Vier Länder in fünf Jahren. Das erste Mal länger als ein Jahr an einem Ort. Das erste Mal angekommen.

Einigen der Beteiligten ist klar, worum es eigentlich geht. M. hat hier niemand. Quält sich im Sprachkurs, hat Mühe Deutsch zu lernen. In F. muss er das nicht, da sprechen um ihn rum alle arabisch. M. ist einsam und unglücklich, weil er nicht seine Familie ernährt, und bestimmt auch in seinem Stolz gekränkt. Ich kann ihn ein bisschen verstehen, jeden Tag sieht er mit an, wie souverän sich seine Frau hier bewegt. Wie leicht sie sich tut, wie sie ihn schon lange überholt und wohl auch zurückgelassen hat.

Kein Grund, die gesamte Familie rauszureissen. Noch hat er weder Arbeit noch Wohnung in F. Ich hab zu Esra gesagt, lass ihn gehen, probieren, und wenn er alles geregelt hat, kommt ihr nach. Zwischen den vielen Tränen hat sie ein bisschen gelächelt, denn wir wissen: Das wird nix. Trotzdem.

Wie es scheint, ist der Plan erst mal vom Tisch. Es bleibt aber aufregend.
Puh und das hat mich jetzt eine ganze Woche beschäftigt.

Das Ende

vom See. Und der Hund von hinten (und von vorne und ohne).
Das Wetter schlägt mir auf’s Gemüt (der Dauerregen, nicht der Nebel).
Vielleicht ziehe ich doch nicht nach GB, wenn ich gross bin.

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Sirenen

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Das neue Jahr haben wir schon mit einigem Fehlalarm in der Menagerie begonnen. Erst die Tierärztin: Also, wenn das Pferd das Wochenende überlebt, sollten Sie unbedingt den Equidenpass beantragen, wegen der Entsorgung. Hab ich gemacht, ich führe das hier jetzt nicht weiter aus, das Pferd jedenfalls ist wie neu.

Späte Blumenlieferung am Vorabend des 85. (!!!) Greisinnengeburtstag. Kein Begrüßungshund weit und breit. Nicht ein Piep. Verzweifelte Suche in tiefster Nacht. Hund im Wintergarten ausgesperrt. Uff.

Am nächsten Morgen (Geburtstag) bei der Petersilienernte für den Frühstückstoast: Ein kleiner Juchzer und der Trotzki schiesst wie ein Pfeil davon. Weg. Stille. Fuchs. Nach einer ziemlichen Weile ist er wieder aufgetaucht, ich war noch so verdattert vom Vorabend, dass ich nicht mal gemeckert hab. Es ist ja auch nur wegen der Strasse, die rasen hier oben vorbei wie die gesengten Säue. Den Fuchs erwischt er eh nicht.

Ansonsten läuft hier alles so glatt, dass ich von tiefem Misstrauen erfüllt bin.

Siracusa

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Auf einmal bemerkte ich, wie sich drei Gestalten in gemusterten Gewändern an den Instrumenten zu schaffen machten. Eine Frau, zwei Männer, einer davon schwarz, aha, dachte ich, der ist sicher aus dem Sudan. Natürlich waren das islamistische Terroristen, das war mir sogleich sonnenklar. Ich erhob mich von meinem Platz, drängelte mich durch die Reihen bis nach vorne und zog den Zündschlüssel ab. Ein Zündschlüssel für einen Düsenflieger. Damit war die Tür entsichert, ich öffnete sie, sprang auf die Landebahn und rannte. Es kam mir überhaupt nicht in den Sinn, die anderen zu retten, nur meinen eigenen Arsch. Erst hinterher, beim Verhör bei der Polizei war ich erschüttert darüber, dass ich die beste Freundin in diesem Flugzeug einfach so zurückgelassen hatte.

Es sieht tatsächlich ein bisschen so aus, als würde ich mit einem mir ziemlich fremden Mann im Mai für eine Woche nach Sizilien reisen. Er behauptet, er könne sich gut vorstellen, im Rahmen eines Vulkanausbruchs gemeinsam mit mir unter einer sieben Meter dicken Schlammlawine begraben zu sein. Wenn das mal nicht vielversprechend ist.

Ach, und mein Silvesterglückskeks übrigen so:
Someone will give you the good things of life.

Wieder eins (Jahresendfragebogen)

Zugenommen oder abgenommen?
Lange wie immer, dann abgenommen, zuletzt weihnachtsguetzlezugenommen. Egal. Diese Frage fliegt raus.

Haare länger oder kürzer?
Länger. Weisser.
Bin mit dem Gedanken befasst, abschneiden zu lassen. Reift noch.

Mehr bewegt oder weniger?
Mehr als letztes Jahr. Weniger als ich sollte.
Dabei muss ich doch für Sizilien trainieren. Oder?

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Weitsichtiger. Bisschen.

Mehr Kohle oder weniger?
Mehr. Und echt viel ausgegeben. Macht grad Spass.

Der hirnrissigste Plan?
Nur einen einzigen Zug zur Verfügung zu haben, um von Narbonne nach Barcelona zu kommen, um das Flugzeug zu kriegen.
Erst drei Tage vorher reservieren wollen. Ts.

Die gefährlichste Unternehmung?
Evtl. zu wenige gefährliche Unternehmungen unternommen.

Die teuerste Anschaffung?
Ein Gehrock von Paul Smith. Überhaupt ein paar überkandidelte Designerfummel angeschafft. Was das nun wieder soll. Keine Ahnung, wann ich die anziehe. Zum Ausmisten?

Das beste Essen?
Die ungarischen Steinpilze.

Das berührendste Buch?
Altes Land von Dörte Hansen. Mich ein bisschen verstanden gefühlt.
Und Der Trafikant. Ich lese! Bücher! Bisschen.

Das schönste Buch?
Die Fundació Antoni Tàpies. Schön gemacht.

Der beste Film?
Film? Downton Abbey?

Die ergreifendste Musik?
Seit langem mal wieder Musik gehört. Empfunden.

Die schönste Ausstellung?
Proportio. Palazzo Fortuny. Überwältigend. Again.
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Mit Marina Abramovic, Carla Accardi, Josef Albers, Carl Andre, Rodolfo Aricò, Ida Barbarigo, Massimo Bartolini, Domenico Bianchi, Cristiano Bianchin, Alberto Biasi, Bae Bien-U, Alighiero Boetti, Otto Boll, Agostino Bonalumi, Michaël Borremans, Sandro Botticelli, Lucia Bru, Markus Brunetti, Jean-Marie Bytebier, Pierpaolo Calzolari, Francesco Candeloro, Antonio Canova, Vincenzo Castella, Eduardo Chillida, Chang-Sup Chung, Niccolò Codazzi, Viviano Codazzi, Gianni Colombo, Dadamaino, Hanne Darboven, Berlinde De Bruyckere, Raoul De Keyser, Riccardo De Marchi, Marta Dell’Angelo, Gabriele Devecchi, Maurizio Donzelli, Jan Dries, Arthur Duff, Luciano Fabro, Philippe Favier, Giorgia Fiorio, Henri Foucault, Anne-Karin Furunes, Alberto Giacometti, Ando Gilardi, Fernanda Gomes, Antony Gormley, Kees Goudzwaard, Gotthard Graubner, Aldo Grazzi, Franco Guerzoni, Chong Hyun Ha, Erwin Heerich, Michael Heizer, Samantha Holmes, Sadaharu Horio, Akiko Horio, Ryoji Ikeda, Norio Imai, Robert Indiana, Ann Veronica Janssens, Francesco Jodice, Ilya et Emilia Kabakov, Anish Kapoor, Ellsworth Kelly, William Kentridge, Anselm Kiefer, Kimsooja, Harry Kivijärvi, Susan Kleinberg, Wolfgang Laib, Edoardo Landi, Le Corbusier, Sol Lewitt, Richard Long, Nino Longobardi, Heinz Mack, Brice Marden, Agnes Martin, Christian Megert, Richard Meier, Fausto Melotti, Marisa Merz, Mario Merz, Amedeo Modigliani, Giorgio Morandi, François Morellet, Shuji Mukai, Rei Naito, Yuko Nasaka, Shirin Neshat, Louise Nevelson, Ben Nicholson, Renato Nicolodi, Mario Nigro, Gioberto Noro, Hans Op de Beeck, Marie Orensanz, Mimmo Paladino, Pablo Palazuelo, Izhar Patkin, Masaomi Raku, Kurt Ralske, Robert Ryman, Lucio Saffaro, Fred Sandback, Giuseppe Santomaso, Tomás Saraceno, MariaTeresa Sartori, Stéphane Sautour, Nobuo Sekine, Conrad Shawcross, Yasuhiro Shimakawa, Kazuo Shiraga, Gabriel Sierra, David Simpson, Bosco Sodi, Ettore Spalletti, Dominique Stroobant, Takis, Antoni Tàpies, Marco Tirelli, Gunther Uecker, Camiel Van Breedam, Koen Van den Broek, Dom Hans Van der Laan, Koen Vanmechelen, Grazia Varisco, Victor Vasarely, Jef Verheyen, Nanda Vigo, Bill Viola, Rachel Whiteread, Maaria Wirkkala, Hyong-Keun Yun, Gianfranco Zappettini und Raphaël Zarka.

Bin immer noch sprachlos. Betrachten Sie die Webseite des Kurators Axel Vervoordt. Undoder diesen Film. Waahhh.

Die schönste Reise?
Lech. Wales. Rotterdam. Langeland. Barcelona. Massignan. Venedig.
Das Jahr der wundervollen Reisen. Alle waren perfekt. Wirklich.

Die meiste Zeit verbracht mit …?
Pepone Zeppelin Trotzki. Und der der Greisin. Yay!

Die schönste Zeit verbracht mit …?
Mit den Damen vom Damenkränzchen. Ich war ja ein wenig überdrüssig die letzten Jahre. Aber nun ist mir wieder eingefallen, wie grossartig die sind. War ja mal Zeit.

Vorherrschendes Gefühl 2015?
Viel müde gewesen im Sommer. Viel  fröhlich gewesen.  Viel krank gewesen.

01
2015 zum ersten Mal getan?
Eine Rede gehalten. Naja, mit gehalten.
Kundschaft beschwindelt.
In einem Bulli gereist.
Nachhilfe gegeben.
Auf einem Flohmarkt verkauft.

2015 nach langer Zeit wieder getan?
Mich von Werbung verführen lassen.
Französisch parliert.
Mich verliebt.
Umzugskisten ein- und ausgepackt.

Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?
Warten und Bangen.
Erdwärme.
Reservierungspflicht in Zügen.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Erst nachdenken, dann handeln.

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Ein Paket voll Wald.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Sebstgestrickte Socken. Und das andere von der Greisin.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Sollen wir im Frühling zusammen verreisen? Ich glaub’s ja noch nicht recht.

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
JAAAA! Auch wenn das wohl kein Satz ist.

2015 war mit einem Wort …?
Abwechselungsreich.

20142013. 2012.